Die europäische Hilfsorganisation SOS Méditerranée wird für ihren lebensrettenden Einsatz für Flüchtlinge und Migranten auf dem Mittelmeer mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.
Außerdem zählen die Frauenrechtsaktivistin Eunice Brookman-Amissah aus Ghana, die kenianische Umweltschützerin Phyllis Omido und die kambodschanische Umweltaktivistengruppe Mother Nature Cambodia zu den diesjährigen Preisträgern des renommierten Right Livelihood Awards. Das gab die Right-Livelihood-Stiftung in Stockholm bekannt.
„Die Right-Livelihood-Preisträger 2023 setzen sich dafür ein, Leben zu retten, die Natur zu bewahren und die Würde und Lebensgrundlagen von Gemeinschaften auf der ganzen Welt zu schützen“, sagte Stiftungsdirektor Ole von Uexküll bei der Preisbekanntgabe im Zentrum der schwedischen Hauptstadt.
Sie seien Zeugen unsäglichen Leids, forderten eine lebenswerte Zukunft für alle ein und kämpften für das Recht der Menschen auf Gesundheit, Sicherheit, eine saubere Umwelt und Demokratie. Der Preis werde ihren wichtigen Einsatz stärken, solle aber auch den Menschen in aller Welt zeigen, dass jeder die Macht habe, Veränderungen herbeizuführen, sagte von Uexküll.
Der Right Livelihood Award, der gemeinhin als Alternativer Nobelpreis bekannt ist, wird seit 1980 jeweils kurz vor den Nobelpreisen vergeben. Die Right-Livelihood-Stiftung ehrt damit jährlich mutige Persönlichkeiten und Organisationen, die sich für Menschenrechte, Gerechtigkeit, Umwelt und Frieden einsetzen. Die Auszeichnung steht dabei in kritischer Distanz zu den eigentlichen Nobelpreisen, deren Preisträger ab Montag in Stockholm und Oslo verkündet werden.
Dass SOS Méditerranée diesmal unter den Ausgewählten ist, könnte der zivilen Seenotrettung von Schutzsuchenden auf ihrem Weg von Afrika nach Europa neuen Rückenwind verleihen. Die Organisation, die Büros in Genf, Berlin, Marseille und Mailand hat, wird explizit für ihre lebensrettenden Such- und Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer ausgezeichnet, der „tödlichsten Migrationsroute der Welt“, wie von Uexküll sagte.
„Der unerschütterliche Einsatz der Organisation rettet nicht nur Leben, sondern erinnert die Öffentlichkeit sowie europäische Institutionen und nationale Regierungen immer wieder an die humanitäre Krise auf dem Mittelmeer“, erklärte die Stiftung.
SOS Méditerranée hat seit ihrer Gründung durch den deutschen Kapitän Klaus Vogel und die Französin Sophie Beau 2015 knapp 39.000 Menschen im Mittelmeer gerettet. „Ob Flüchtlinge oder Migranten - niemand sollte sterben“, sagte die Direktorin von SOS Méditerranée Schweiz, Caroline Abu Sa'da, der Deutschen Presse-Agentur in Genf.
Sie hofft darauf, dass der Preis die Legitimität der Rettungsaktionen privater Organisationen unterstreicht - und hat eine klare Botschaft an die deutsche Bundesregierung: „Helft uns, Leben zu retten“, sagte Sa'da. Deutschland habe schon viel getan, aber die Regierung sollte bei der Umsetzung von Such- und Rettungsaktionen im Mittelmeer eine Führungsrolle einnehmen. „Schiffe unter deutscher Flagge sollten in einem EU-Verband für Seenotrettung fahren“, sagte sie.
Der Right Livelihood Award ist mit lebenslanger Unterstützung für die Arbeit der Ausgezeichneten verbunden. Am 29. November werden die Preise feierlich in Stockholm überreicht. Zu den früheren Preisträgern gehören prominente Namen wie der US-Whistleblower Edward Snowden und die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg, vor allem aber international eher unbekannte Persönlichkeiten und Organisationen. Damit will die Stiftung diesen Geehrten mehr Aufmerksamkeit verschaffen. In diesem Jahr berücksichtigte sie 170 Nominierte aus 68 Ländern.
Die Ghanaerin Eunice Brookman-Amissah und die Organisation Mother Nature Cambodia sind die ersten Preisträgerinnen aus ihren Ländern überhaupt. Brookman-Amissah ist eine Ärztin und Aktivistin, die sich seit Jahrzehnten dafür stark macht, Afrikanerinnen sichere Schwangerschaftsabbrüche zu ermöglichen.
Die jungen Aktivisten von Mother Nature Cambodia kämpfen im autokratisch regierten Kambodscha für die Umwelt, die Bewahrung der bedrohten Naturressourcen und sichere Lebensgrundlagen - unerschrocken und mit Erfolg, wie Right Livelihood betonte. Die Gruppe sei somit zu „einem Leuchtturm der Hoffnung für künftige Generationen geworden“.
Auch die vierte Preisträgerin, die Kenianerin Phyllis Omido, setzt sich in ihrer Heimatregion an vorderster Front für den Umweltschutz und die Gesundheit ihrer Mitmenschen ein. Selbst von Vergiftungen durch Blei betroffen, kämpfte sie erfolgreich für eine Stärkung des Umweltrechts und für die Schließung giftiger Industrieanlagen.
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