Fatma Ince: „Mein Herz ist bei den Kindern“ | FLZ.de

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Veröffentlicht am 29.12.2022 08:51

Fatma Ince: „Mein Herz ist bei den Kindern“

Auch die Dokumentation gehört dazu: Fatma Ince notiert sorgfältig, was sich den Tag über im Hort ereignet hat. Und das seit 30 Jahren.  (Foto: Simone Hedler)
Auch die Dokumentation gehört dazu: Fatma Ince notiert sorgfältig, was sich den Tag über im Hort ereignet hat. Und das seit 30 Jahren. (Foto: Simone Hedler)
Auch die Dokumentation gehört dazu: Fatma Ince notiert sorgfältig, was sich den Tag über im Hort ereignet hat. Und das seit 30 Jahren. (Foto: Simone Hedler)

Fatma Ince betreut seit 30 Jahren Grundschüler im Hort der Arbeiterwohlfahrt. Ihre Berufswahl hat sie keine Sekunde bereut.

Manche Dinge lieben Kinder heute noch genauso wie vor 30 Jahren. Fußball spielen zum Beispiel. „Das geht einfach immer“, sagt Fatma Ince. Sie muss es wissen. Denn sie arbeitet seit 30 Jahren als Kinderpflegerin im Hort der Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Nicht die Kinder haben sich verändert, vielmehr die Zeit, meint sie. Was früher die Bauecke oder Gesellschaftsspiele waren, seien heute Videospiele oder die Playstation. Beides gibt es im Hort nicht. „Manchmal fällt es den Kindern jetzt schwer, sich eine Beschäftigung zu suchen“, hat sie beobachtet.

Fatma Ince: „Sie sollen bei uns lernen, selbstständig zu werden.“

Doch Fatma Ince fällt immer etwas ein. „Im Advent haben wir Plätzchen gebacken, da waren alle mit dabei“, erzählt sie. Auch die Puppenecke und der Kaufmannsladen seien hoch im Kurs. „Und alle helfen uns gerne“, meint sie: Wenn es darum geht, das Mittagessen vorzubereiten oder die Spülmaschine einzuräumen zum Beispiel. Fatma Ince findet es wichtig, die Kinder auch in diese Arbeiten einzubeziehen. „Sie sollen bei uns lernen, selbstständig zu werden.“

Vier Jahre lang – die Schülerinnen und Schüler der Förderschule auch länger – sind die Kinder bei Fatma Ince und ihrer Kollegin Sieglinde Buchholz. Die beiden sind ein eingespieltes Team. „Fatma ist unglaublich zuverlässig“, das schätzt Buchholz besonders an ihr. „Wir verstehen uns ohne Worte und sind uns in Erziehungsfragen einig.“ Das merken auch die Kinder: „Uns kann keiner gegeneinander ausspielen.“

Fast wie eine Familie ist die Gruppe für die beiden. „Uns fällt schnell auf, wenn sich ein Kind verändert, wenn es etwas bedrückt“, so Ince. Dann geht sie dem Problem auf den Grund, spricht mit den Eltern und Lehrern. „Wir erziehen alle gemeinsam an einem Kind“, sagt sie. Da sei gute Kommunikation unerlässlich. Als „familienergänzende und unterstützende Einrichtung“ sieht Ince dabei den Hort – nicht als Ersatz.

Hausaufgaben zum Beispiel betreut sie von Montag bis Donnerstag. Am Freitag bleibt das den Eltern überlassen, „damit sie wissen, wie ihr Kind steht“. Gerade bei den Hausaufgaben ist seit der Corona-Zeit etwas mehr Unterstützung notwendig, fällt Fatma Ince auf. „Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen.“ Schulmäßig sei viel auf dem Weg geblieben, die Kinder müssten gerade beim Lesen und Rechnen einiges nachholen. Fatma Ince kam mit sechs Jahren aus der Türkei nach Deutschland. Nach der Schule machte sie eine Ausbildung zur Kinderpflegerin. Ihre Tante las dann in der Zeitung, dass die AWO einen Hort in Rothenburg eröffnet und noch Mitarbeiter sucht. Fatma Ince bewarb sich, wurde zum Vorstellungsgespräch beim Bezirksverband in Nürnberg eingeladen und hatte nach kurzer Zeit die Zusage.

So startete sie im November 1992 als Mitglied der ersten Stunde im neuen Hort im Topplerweg – damals der erste seiner Art im Landkreis. „Für mich war das ein Riesenglück“, sagt sie heute. Denn damals sei ihre Religion – sie ist Muslima – für viele Einrichtungen noch ein Hindernis gewesen.

„Die Einrichtung war damals Neuland in der Stadt“, erinnert sich Ince. Und es habe ein wenig gedauert, bis sich die Einrichtung etabliert hatte. Vor allem Eltern, die bei der AEG arbeiteten, brachten damals ihre Kinder – wenn sie Frühschicht hatten, schon vor der Schule. „Dann gab es ein gemeinsames Frühstück, und wir schickten sie los in den Unterricht“ – so ist das heute immer noch.

Die Nachfrage stieg im Lauf der Jahre, so dass der Hort nach und nach erweitert wurde. 2009 zog dann eine Gruppe in das Gebäude des Förderzentrums in der Ansbacher Straße. Ihre Entscheidung vor 30 Jahren, im Hort anzufangen, hat Fatma Ince keine Sekunde bereut. „Mein Herz ist bei den Kindern“, sagt sie mit strahlenden Augen. „Sie sind alle verschieden, und alle auf ihre Weise liebenswert.“

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