Täglich trafen ab Anfang März 2022 Hiobsbotschaften bei der Schüller Möbelwerk KG in Herrieden ein. Die Verteuerungen für Küchenbauteile nahmen nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ein Ausmaß an, das nach Einschätzung des Führungstrios von Schüller den „kompletten Bezug zur Realität“ verlor. Die Geschäftsführer Markus Schüller, Max Heller und Manfred Niederauer sahen sich außerdem mit höheren Preisen für Energie und Treibstoffe konfrontiert, wovon besonders die eigene Lkw-Flotte betroffen ist.
Die Kosten für Diesel stiegen im Vergleich zu 2020 um etwa 80 Prozent, der Strompreis wuchs um das Vier- bis Fünffache. Weniger stark war im Vergleich zur vorausgegangenen Pandemie die Warenversorgung betroffen, auch wenn der Rohstoff Holz teilweise aus Osteuropa kommt.
Da man keine Chips verbaut, ist man immerhin kaum von den Schwierigkeiten in Asien betroffen. Zu einer echten Unterbrechung der Lieferketten oder gar der Produktion kam es dank umfangreicher Planung gemeinsam mit den Lieferanten nie. Schüller setzt hier auf langjährige und starke Bindungen, hauptsächlich im Umkreis von 400 bis 500 Kilometern.
Bei Schüller achtet man darauf, für die benötigten Produkte zweite oder sogar dritte Bezugsquellen mit hoher Versorgungsstabilität zu haben, um unabhängig zu sein. Zu den Folgen gehört, dass aus den Halbjahres- oder Jahresvereinbarungen mit den Lieferanten über Nacht Wochen- oder Monatspreise wurden. Nach dem rasanten Anstieg in den zurückliegenden Monaten verharren die Bezugskosten nun auf diesem hohen Niveau.
Erfreut ist man bei Schüller, dass sich das Unternehmen schon im letzten Jahr entschieden hatte, mit einer 26.000 Quadratmeter großen Photovoltaikfläche auf Eigenstromversorgung zu setzen. So können über 900.000 Kilogramm Kohlendioxid jährlich eingespart werden. Beheizt wird die Fabrik mit den vor Ort anfallenden Spänen, so dass das Thema Gas keine Rolle spielt. Was nicht für die Heizung gebraucht wird, geht über die Spanplattenproduktion zurück in den Kreislauf.
Die Pandemie-Phase hatte zu einer hohen Nachfrage im Küchenmöbelbereich geführt. Die Menschen reisten wenig und verbrachten viel Zeit in den eigenen vier Wänden, in die dann auch Angespartes investiert wurde. Das gemeinsame Kochen ließ die Küche in den Mittelpunkt des Lebens rücken. Die aktuelle Situation bremst nun die Geschäfte.
Die Kostenexplosion zwang Schüller zum ersten Mal dazu, unter dem Jahr die Preise für die eigenen Produkte zu erhöhen. Dabei mussten einvernehmliche Lösungen mit den Einkaufsverbänden und den Handelspartnern gefunden werden.
Zwischen dem Verkauf einer Küche und der Auslieferung vergehen Wochen, manchmal sogar Monate. Schüller gab seinen Partnern die Möglichkeit, Aufträge auf der „normalen“ Preisbasis für 2022 zu bestellen, auch wenn die Auslieferung erst weit in der zweiten Jahreshälfte erfolgte.
Damit unterstrich man zwar das „gemeinschaftliche Miteinander“, es gab aber auch wirtschaftlich eine „gehörige Schleifspur“, sind sich Markus Schüller, Max Heller und Manfred Niederauer einig. Sie wollen trotzdem, dass ihr Produkt nicht zu teuer und damit verkäuflich und bezahlbar bleibt. Eine negative Rolle spielt mittelfristig zudem die zurückgehende Zahl der Neubauten.
Der Küchenhersteller und seine Handelspartner spüren eine Verunsicherung beim Verbraucher. Im Vergleich zu den vorangegangenen zweieinhalb Jahren, die auftragsstark waren, verzeichnet man einen Rückgang bei den Auftragseingängen.
Da eine Küche – mit Schwankungen von Land zu Land – durchschnittlich 16 Jahre lang genutzt wird, werde vor einer Kaufentscheidung zweimal überlegt. Nachdem die Küche ein Lebensmittelpunkt und der Wunsch nach einem Rückzugsort groß sei, sieht man mit Zuversicht unter erschwerten Bedingungen nach vorn. Verbunden damit ist ein klares Bekenntnis zum Standort Herrieden, an dem man auch künftig produzieren und investieren will.
Geschäftsfeld: Herstellung von Küchen und anderen Möbeln.
Exportquote: 29,3 Prozent.
Umsatz: 671,5 Millionen Euro (2021).
Mitarbeiter: 2051, davon 125 Auszubildende.