Eiswein-Lese unterm Sternenhimmel | FLZ.de

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Veröffentlicht am 14.12.2022 00:00

Eiswein-Lese unterm Sternenhimmel

Im Licht ihrer Stirnlampen und der Scheinwerfer der Weinberg-Traktoren werden die letzten Traubenbündel dieses Jahres unter Burg Hoheneck abgeschnitten. (Foto: Ulli Ganter)
Im Licht ihrer Stirnlampen und der Scheinwerfer der Weinberg-Traktoren werden die letzten Traubenbündel dieses Jahres unter Burg Hoheneck abgeschnitten. (Foto: Ulli Ganter)
Im Licht ihrer Stirnlampen und der Scheinwerfer der Weinberg-Traktoren werden die letzten Traubenbündel dieses Jahres unter Burg Hoheneck abgeschnitten. (Foto: Ulli Ganter)

Das Thermometer zeigt minus elf Grad, es ist 5 Uhr morgens: Trotzdem sind 20 dick vermummte Gestalten in den Weinbergen unter der Burg Hoheneck in Ipsheim (Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim) unterwegs. Sie lesen die letzten Trauben dieses Jahres – für den Eiswein.

Im Scheinwerferlicht der Weinberg-Traktoren und dem ihrer Stirnlampen arbeiten sie sich in ihren Reihen langsam bergauf und füllen Kiste um Kiste mit den abgeschnittenen Silvaner-Trauben. „Täusche ich mich – oder wird es immer kälter?“, ruft eine der Frauen ihrem Nachbarn zu. Die meisten sind Bekannte der Weingutbesitzer Hofmann. Zum Teil ist es ihre erste Eisweinlese, zum Teil sind sie Wiederholungstäter.

Um 6 Uhr gibt es den ersten Glühwein des Tages – neben Tee oder Kaffee. Doch die Helfer und Helferinnen drängen von selbst darauf, schnell weiterzumachen. „Wenn man rumsteht, friert man nur“, sagen sie und schnappen sich wieder ihre Scheren.

Selbst für das Winzerpaar Bernd und Sabine Hofmann ist die Eisweinlese noch etwas Besonderes. Nur alle drei bis vier Jahre, wenn die Vorräte des Dessertweins zur Neige gehen, nehmen sie die späte Lese in Angriff.

Denn der Eiswein ist eine kapriziöse Prinzessin: Während der Lese muss das Thermometer mindestens acht Grad unter null zeigen, damit die einzelnen Weinbeeren durch und durch gefroren sind. Heute haben die vielen fleißigen Leute so gesehen noch Glück: Wegen der klirrenden Kälte mussten sie „erst“ um 5 Uhr im Weinberg anrücken. Sonst wäre es schon um 4 Uhr losgegangen.

Fehlen aber im Dezember solch stramme Fröste und frieren die Trauben immer mal wieder halb ein und tauen dann wieder auf, so werden sie matschig und sind nicht mehr zu verwenden.

Nur Rebsorten wie Riesling oder Silvaner

Zweiter Risikofaktor sind die Vögel: „Wehe, eine Starenkolonie entdeckt, dass an den Rebstöcken noch etwas hängt“, erzählt der Winzer. Man könnte zwar vorbeugen, indem man die Reben mit luftdurchlässiger Folie verpackt. Aber: „Nachhaltiger ist es so“, meint Hofmann mit Blick auf etwa 100 Kilogramm Folie. Er verhehlt aber nicht, dass das Ein- und Auspacken natürlich auch einiges an Zusatzarbeit bedeuten würde.

Für Eiswein werden nur Rebsorten wie Riesling oder Silvaner genommen, die eher spät reifen, und nur solche Weinberge, die überdurchschnittliche Öchsle-Grade aufweisen. Diese werden dann für den besonderen Wein nochmals konzentriert.

„Der Ertrag an Eiswein liegt gerade mal bei fünf bis zehn Prozent“ – verglichen mit normalem Wein, erläutert der Winzer. „Wenn’s gut läuft“, sind das 500 Liter Eiswein von den 0,6 Hektar, die gelesen wurden.

Die Pressen wurden extra auf den Hof gestellt, damit das Lesegut nicht taut. Über viele Stunden hinweg wird es gepresst. Denn um den Zucker und die weiteren Geschmacksstoffe in den Trauben anzureichern, hat der Winzer zwei Möglichkeiten: Entweder ein Pilz entzieht den Trauben Wasser – so entsteht eine Trockenbeerenauslese – oder das gefrorene Lesegut wird gepresst.

Da der Zucker und die mit ihm verbundenen anderen Inhaltsstoffe einen viel niedrigeren Gefrierpunkt haben, laufen sie fast schon dickflüssig in die Edelstahlwanne unter der Presse. Taut der Trester in den folgenden Tagen auf, dann sondert er laut dem Ipsheimer Winzer ein geschmacklich fast neutrales Wasser ab.

Apropos Auftauen: Das tun in der Scheune allmählich auch die Zehen und Finger der Helferschar. Denn nach der frühen, kalten und schnellen Lese treffen sich alle noch im Weinbaubetrieb zu einem zünftigen Frühstück.

Bei Weißwurst und Wienerle oder Kuchen geraten die Unannehmlichkeiten, für die der Eiswein sorgt, schon wieder in den Hintergrund. Endgültig vergessen sind die Mühen, wenn ein Schluck des edelsüßen Weins später mal ein Dessert abrundet oder den idealen Kontrast zu einem kräftigen Käse bildet.

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