CSU gewinnt vor AfD - Freie Wähler gescheitert | FLZ.de

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Veröffentlicht am 23.02.2025 18:02, aktualisiert am 24.02.2025 00:19

CSU gewinnt vor AfD - Freie Wähler gescheitert

CSU-Chef Markus Söder und CDU-Chef Friedrich Merz in Feierlaune (Foto: Michael Kappeler/dpa)
CSU-Chef Markus Söder und CDU-Chef Friedrich Merz in Feierlaune (Foto: Michael Kappeler/dpa)
CSU-Chef Markus Söder und CDU-Chef Friedrich Merz in Feierlaune (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die CSU ist bei der Bundestagswahl in Bayern mit großen Stimmengewinnen stärkste Kraft geworden und hat damit ihren jahrelangen Abwärtstrend beenden können. Nach Auszählung aller 47 Wahlkreise liegen die Christsozialen unter ihrem Parteichef Markus Söder nach Angaben des Landeswahlleiters auf dessen Internetseite bei 37,2 Prozent, das sind mehr als fünf Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren. 

2021 war die CSU mit 31,7 Prozent auf ein historisch schlechtes Ergebnis abgestürzt. Ungetrübt war die Freude auf der Wahlparty in der Münchner CSU-Zentrale dennoch nicht: Die Partei blieb klar unter den eigenen Erwartungen, etliche CSU-Politiker hatten auf ein Ergebnis von an die 40 Prozent gehofft, die letzten Umfragen hatten sogar 42 Prozent erwarten lassen. Doch lagen die CSU-Direktkandidatinnen und -kandidaten in sämtlichen der 47 Wahlkreise in Bayern vorn. 

Am rechten Rand konnte die AfD laut Hochrechnung ihren Stimmanteil auf 19,0 Prozent mehr als verdoppeln. Einmal mehr enttäuscht in seinem bundespolitischen Ehrgeiz wurde Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger: Laut Landeswahlleiter verloren die Freien Wähler deutlich, der Versuch, über drei Direktmandate in den Bundestag einzuziehen, scheiterte deutlich.

Söder wackelt bei Grünen-Zusammenarbeit

CSU-Chef Söder sagte im Bayerischen Rundfunk: „Es dürfte das beste Ergebnis aller Parteien in Deutschland sein.“ Der Ministerpräsident lehnte wie zuvor im Wahlkampf eine Koalition der Union mit den Grünen ab. Söder sicherte dem CDU-Chef Friedrich Merz zu, dass er und der voraussichtliche nächste Bundeskanzler so eng zusammenarbeiten würden „wie noch nie zuvor und wir werden alles gemeinsam besprechen“.

In der Berliner Runde formulierte Söder dann weicher: „Wir glauben einfach nicht, dass mit den Grünen ein Richtungswechsel zu organisieren ist“, betonte er. Auf die Frage, ob es beim kategorischen Nein der CSU zu einer Zusammenarbeit mit den Grünen bleibe, schränkte der Parteichef ein: „Wenn es irgendwie geht, bleiben wir ganz klar dabei.“ Er wolle dem Unions-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz nicht irgendetwas vorgeben, das sei nicht seine Aufgabe. 

AfD feiert sich

Bei der AfD herrschte nach dem großen Erfolg Euphorie: Bei dem „ganzen Widerstand“, der der Partei entgegengesetzt worden sei, sei das ein „hervorragendes Ergebnis“, sagte der Landesvorsitzende Stephan Protschka im Bayerischen Rundfunk. 

Die jüdische Gemeinde reagierte dagegen bestürzt: „Die Befürchtungen sind wahr geworden: Ein Fünftel der Wähler schickt eine rechtsextreme und antisemitische Partei in den Deutschen Bundestag“, sagte Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. 

Der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl zielte mit seiner Kritik auf CDU und CSU, ohne die Union beim Namen zu nennen: „Wer Migration zum wichtigsten Wahlkampfthema macht, der hilft damit nur der extremen Rechten.“

Grüne überholen SPD - Münchens OB Reiter fordert Konsequenzen

Für die SPD - in Bayern seit Jahrzehnten nahezu kontinuierlich schrumpfende Wahlergebnisse gewohnt - war es einmal mehr ein Schreckensabend: Die Partei von Bundeskanzler Olaf Scholz landete in Bayern mit 11,6 Prozent nur noch auf Rang vier und verlor im Vergleich zu 2021 mehr als sechs Prozentpunkte. Offensichtlich sei der Frust über die Ampelregierung sehr groß gewesen, konstatierte die Landesvorsitzende Ronja Endres im BR. 

Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter nannte die Niederlage der Sozialdemokraten „desaströs“ und forderte personelle Konsequenzen - ohne zu sagen, wen er damit meinte: „Wir müssen ab sofort und ohne die üblichen Allgemeinplätze nach solchen Ergebnissen intern Klartext reden. Und zwar sowohl was Inhalte als auch was das Personal betrifft.“ Reiter hatte sich bereits im Wahlkampf gegen eine erneute Spitzenkandidatur von Kanzler Scholz ausgesprochen.

Grüne verlieren einziges Direktmandat

Überholt wurden die Sozialdemokraten von den Grünen, die vergleichsweise geringe Einbußen erlitten und mit 12,0 Prozent knapp vor den Sozialdemokraten drittstärkste Kraft im Freistaat wurden. „Viele hatten größere Sorgen vor dem heutigen Abend“, sagte im BR der Grünen-Bundestagsabgeordnete Toni Hofreiter. In den Umfragen vor der Wahl hatten die Grünen zwischenzeitlich noch erheblich tiefer gelegen. Die Grünen verloren jedoch auch ihr einziges Direktmandat im Münchner Süden: Dort unterlag die dort 2021 gewählte Grünen-Abgeordnete Jarmila Schäfer der CSU-Kandidatin Claudia Küng. 

Linke holen mehr Stimmen als erwartet - FDP halbiert

Die Linke liegt mit 5,7 Prozent auch in Bayern überraschend gut, die FDP landete mit 4,2 Prozent im Freistaat unter der Fünf-Prozent-Hürde - das wäre weniger als halb so viel wie 2021. 

Stark verloren haben aber auch die Freien Wähler, die laut Landeswahlleiter 4,3 Prozent holten. „Die AfD hat natürlich die Schlagzeilen beherrscht über Monate hinweg, und dagegen angehen zu können, ist eben sehr schwierig“, sagte Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. 

Den bayerischen Wirtschaftsminister zieht es seit Jahren in die Bundespolitik, Aiwanger war im Wahlkreis Rottal-Inn als Direktkandidat angetreten. Einzige Chance für die Freien Wähler, in den Bundestag einzuziehen, wären nach dem neuen Wahlrecht Erfolge von Direktkandidaten in drei Wahlkreisen gewesen. 

Doch Aiwanger verlor in seinem Wahlkreis und räumte die Niederlage ein. Andere FW-Kandidaten waren bei den Auszählungen in ihren jeweiligen Wahlkreisen aussichtslos abgeschlagen. Abgeschlagen war auch das Bündnis Sahra Wagenknecht, das in Bayern klar unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde blieb. 

Münch: AfD-Erfolg nicht nur auf Protestwähler zurückzuführen

Der Erfolg der AfD ist nach Einschätzung der Politikwissenschaftlerin Ursula Münch keineswegs nur auf Protestwähler zurückzuführen. Dennoch geht Münch davon aus, dass die weitere Entwicklung der Partei maßgeblich von der Arbeit der voraussichtlich unionsgeführten nächsten Koalition in Berlin abhängt. „Das liegt auch daran, wie es der kommenden Bundesregierung gelingen wird, die Probleme zu lösen.“ 

Wie viele bayerische Abgeordnete in den neuen Bundestag einziehen werden, stand am Abend noch nicht fest. Im Freistaat waren rund 9,2 Millionen Wahlberechtigte zur Wahl des neuen Bundestages aufgerufen. Laut Landeswahlleiter traten 737 Kandidatinnen und Kandidaten auf 17 Landeslisten und als Direktkandidaten an. Die Wahlbeteiligung war mit 84,4 Prozent sehr hoch.

© dpa-infocom, dpa:250223-930-384096/8


Von dpa
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