Fragen, Bangen, Freude - Was die Wahl für Bayern bedeutet | FLZ.de

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Veröffentlicht am 23.02.2025 19:44, aktualisiert am 23.02.2025 21:20

Fragen, Bangen, Freude - Was die Wahl für Bayern bedeutet

Auf der Bühne im Adenauerhaus wurde schon mal gefeiert - die eigentliche Arbeit geht für die Union aber bei der Regierungsbildung erst los.  (Foto: Marcus Brandt/dpa)
Auf der Bühne im Adenauerhaus wurde schon mal gefeiert - die eigentliche Arbeit geht für die Union aber bei der Regierungsbildung erst los. (Foto: Marcus Brandt/dpa)
Auf der Bühne im Adenauerhaus wurde schon mal gefeiert - die eigentliche Arbeit geht für die Union aber bei der Regierungsbildung erst los. (Foto: Marcus Brandt/dpa)

Ein siegessicher lächelnder CSU-Chef Markus Söder, ein angespannter Hubert Aiwanger und jede Menge Fragezeichen. Nach Schließung der Wahllokale ist zwar klar, dass die Union als mit Abstand stärkste Kraft einen Regierungsauftrag erhalten hat, doch abseits dessen sind noch viele Fragen offen. Was bisher bekannt und was noch zu klären ist - ein Überblick:

Die CSU ist besser als 2021 - aber schlechter als erhofft

Söders Partei kann vier Jahre nach ihrer historischen Pleite mit 31,7 Prozent wieder zulegen und landet nach einer Hochrechnung des Bayerischen Rundfunks bei 37,8 Prozent. Wie viele der 47 Wahlkreise die Christsozialen gewonnen haben und welche ihrer Direktkandidaten am Ende wirklich in den Bundestag einziehen dürfen, ist offen. Sie bekommen wegen des neuen Wahlrechts nur noch dann ein Mandat, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kommt, anderenfalls geht der Wahlkreis leer aus. 

Nachdem Söder am früheren Abend den Beitrag der CSU am Unionsergebnis noch als „überproportional“ bezeichnete, schrumpfte das Ergebnis mit jeder Hochrechnung des Bayerischen Rundfunks weiter zusammen. Dennoch mühte sich die CSU-Spitze, es in den Interviews mit Adjektiven wie „stark“ oder „überragend“ als Erfolg darzustellen. 

Von Söder waren aber auch nachdenklichere Töne zu hören: Es gebe keinen Anlass für Euphorie oder Jubel. „Die Menschen sind verunsichert.“ Die neue Regierung müsse darauf mit einer neuen Glaubwürdigkeit neue Antworten geben.

Eigentliche Messlatte für die CSU ist aber die 40-Prozent-Marke, welche die Partei seit Monaten in Umfragen stets überschreitet, teils sogar deutlich. Bis zu 45 Prozent waren es Ende 2024. Insofern sind die unter 38 Prozent durchaus auch ernüchternd. Intern wurde dies mit der - verglichen zur CSU selbst - fehlenden Abgrenzung von Unionskanzlerkandidat und CDU-Chef Friedrich Merz zu den Grünen bewertet. CSU-Chef Söder gilt aber als unumstritten. 

Wie wird Bayern am Berliner Kabinettstisch beteiligt sein?

Sollte es der Union gelingen, eine Regierung zu bilden, werden auch wieder mehr bayerische Politiker am Kabinettstisch Platz nehmen. In der CSU rechnen sie unter der Hand mit mindestens drei Ministerposten und drei Staatssekretären. 

Söder selbst hatte für seine Partei schon Interesse am Agrarministerium bekundet und mit dem Vorsitzenden des bayerischen Bauernpräsidenten Günther Felßner auch seinen Wunschkandidaten präsentiert. Parteiintern gibt es auch Sympathien für Wirtschaft, Verteidigung und Inneres. Söder und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt werden in den kommenden Monaten bei den schwierigen Verhandlungen viel in Berlin gebunden sein. 

Scheitern die Freien Wähler einmal mehr am Bundestag?

Theoretisch ist das große Ziel von Parteichef Hubert Aiwanger zwar noch erreichbar, aber die Zahlen zu den Zweitstimmen der Freien Wähler lassen selbst große Optimisten verstummen. Bundesweit ist zunächst gar kein Prozentwert zu erfahren, sie werden unter „Sonstigen“ subsumiert, was schon mal als Niederlage zu werten ist. Auch in Bayern kommen sie im Bayerischen Rundfunk gerade einmal auf 3,8 Prozent. 

Zum Vergleich: 2021 landeten die Freien Wähler im Freistaat noch bei 7,5 Prozent. Aiwanger nannte die fehlende Sichtbarkeit seiner Partei als eine Ursache für das schlechte Abschneiden - auch in seinem eigenen Wahlkreis zeichnete sich bei den Erststimmen frühzeitig eine Pleite ab. Söder reagierte mit Schadenfreude - nun sei sehr klar, wer die Nummer Eins in Bayern sei und wer die einzige bürgerliche Kraft. Die Freien Wähler hatten schon im Wahlkampf erkannt, dass für sie die Fünf-Prozent-Hürde zu hoch sein dürfte. 

Einmal mehr einer der Gewinner: die AfD 

Schon die ersten Prognosezahlen zeigen klar auf, dass deutlich mehr bayerische AfD-Abgeordnete im Bundestag sitzen werden als bislang. 2021 hatten 12 AfD'ler aus dem Freistaat ein Mandat erlangt - die Partei war hier auf 9 Prozent gekommen. Mit 18,9 Prozent konnte sie ihr Ergebnis mehr als verdoppeln, liegt aber noch hinter dem Ergebnis, das sich im Bund abzeichnet. Hier kratzt die Partei in den ersten Hochrechnungen an der 20-Prozent-Marke.

Grüne: Durchwachsenes bis getrübtes Ergebnis 

Aus Sicht der Grünen ist das Wahlergebnis in Bayern auch eher durchwachsen. Lange hatte es so ausgehen, als könne Jamila Schäfer ihr 2021 viel umjubeltes erstes grüne Direktmandat im Münchner Süden verteidigen, am Ende schlug das Pendel knapp um. Damit wirken die 12,3 Prozent der Partei in der Hochrechnung - verglichen mit den 14,1 Prozent 2021 - dann doch sehr getrübt. Zwar wehte den Grünen wegen der unbeliebten Ampelregierung ein strenger Gegenwind aus Berlin ins Gesicht, wahr ist aber auch, vom negativen Bundestrend abkoppeln konnten sie sich auch nicht.

SPD erlebt auch in Bayern einen Abend zum Vergessen

Die bisherige Kanzlerpartei SPD erlebt in Bayern wie im Bund einen Abend zum Vergessen. Mit 11,6 Prozent landete sie fast 7 Prozentpunkte hinter dem Ergebnis von 2021. Damit ist klar, dass es deutlich weniger Sozialdemokraten aus dem Freistaat im Bundestag geben wird. Bisher waren es 23. Die Sozialdemokraten stecken damit in Bayern in einer beispiellosen Krise - bei den vergangenen Landtagswahlen erreichten sie gar nur einstellige Prozentwerte. 

Bayerns FDP sieht schwierigen Zeiten entgegen

Nachdem die FDP bei der Landtagswahl 2023 aus dem Landtag geflogen war, hoffte sie auf Sichtbarkeit im Dunstkreis der Bundes-FDP. Sollte diese nun auch im Bundestag nicht mehr vertreten sein, wäre das ein Doppelschlag, der dem Landesverband sehr weh tun dürfte. Mit 4,2 Prozent ist die FDP in Bayern in jedem Fall wieder auf ein Maß geschrumpft, welches die 10,5 Prozent von 2021 in unerreichbare Ferne rückt.

Auch in Bayern geht der Hype der Linkspartei weiter

Bundesweit gehört die Partei zu den klaren Gewinnern der Wahl. Die in Bayern traditionell eher erfolglose Linke kann im Freistaat auch von dem Hype in anderen Teilen des Landes profitieren. Nach 2,8 Prozent im Jahr 2021 landete die Partei nun bei 5,5 Prozent.

© dpa-infocom, dpa:250223-930-384300/2


Von dpa
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