Verschwundene Burgen: Vier Orte, die heute Rätsel aufgeben | FLZ.de

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Veröffentlicht am 29.10.2023 12:00

Verschwundene Burgen: Vier Orte, die heute Rätsel aufgeben

Burgen gab es einst im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim viele. Übrig ist von den meisten inzwischen wenig bis gar nichts mehr. (Foto: Johannes Hirschlach)
Burgen gab es einst im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim viele. Übrig ist von den meisten inzwischen wenig bis gar nichts mehr. (Foto: Johannes Hirschlach)
Burgen gab es einst im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim viele. Übrig ist von den meisten inzwischen wenig bis gar nichts mehr. (Foto: Johannes Hirschlach)

„Rings um das Schloss aber begann eine Dornenhecke zu wachsen, die jedes Jahr höher ward und endlich das ganze Schloss umzog und darüber hinauswuchs, dass gar nichts mehr davon zu sehen war“: So heißt es im Märchen „Dornröschen“ der Brüder Grimm. Könnte das eine Metapher für den Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim sein?

Am Ende des Märchens kommt bekanntlich der hübsche Prinz, der die Burg mitsamt Prinzessin aus ihrem Zauber befreit. Dass es so etwas in der Realität gab, darf getrost bezweifelt werden. Und doch hat auch „Dornröschen“ seinen Realitätsbezug: Wimmelte es im Mittelalter in Deutschland noch von stattlichen Burgen, so verschwanden die meisten mit der Zeit. Sie überwucherten und verfielen – Dornenranken und mächtige Bäume eroberten die Gemäuer. Von einem Prinzen als Retter keine Spur.

Burgen in Neustadt/Aisch-Bad Windsheim vom Wald verschluckt

Teilweise zeugen heute noch Ruinen von einstigen Herrschaftssitzen. In vielen Fällen ließ die Zeit jedoch buchstäblich keinen Stein auf dem anderen. Fehlen selbst Mauerreste, geraten Burganlagen rasch in Vergessenheit. Der Wald verschluckt die Gräben, Steine versinken unter Laub und Erde. Der Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim ist reich an solchen Orten, die Burgenforscher „Burgställe“ nennen: Mehr als 30 verschwundene Festungen sind registriert. An einige erinnern Sagen und Legenden, von anderen aber ist nicht einmal der einstige Besitzer bekannt.

Definition

Was ist ein Burgstall?

Das Wort „Burgstall“ bezeichnet in der modernen Forschung nicht die Stallungen für die Reit- und Nutztiere auf der Festung.

    „Der Burgstall wird für den Ort, wo einstmals eine Burg gestanden – Burgstelle – oder für eine verfallene Burg genommen“, schreibt Denkmalhistoriker Johann Nepomuk Cori. Gemeint ist ein ehemaliger Wehrbau, von dem nicht einmal eine Ruine verblieben ist.

    Etwa von Burg Göttelhöf: Von der Wallanlage, wenige hundert Meter westlich des Gerhardshofener Ortsteils, lässt sich kaum mehr belegen als deren frühere Existenz. Ortsverzeichnisse verweisen immerhin auf eine 1907 eingegangene Siedlung namens „Burgstall“ zu Füßen der Veste.

    Als beliebte Standorte für Burgen in der Region erwiesen sich unter anderem flussnahe Anwesen. Das Wasser stellte eine natürliche Barriere dar. Deutlich wird das etwa am Burgstall Pahres, von dem heute nur noch eine rechteckige Schleife der Aisch zeugt – ein künstlich ausgehobenes Hindernis, wie Wolfgang Schippke in den „Neustädter Streiflichtern“ feststellt.

    Architektur

    Wie sahen kleine Burgen aus?

    Mit der monumentalen Ritterburg, wie sie Literatur und Film darstellen und mystifizieren, hatten die meisten verschwundenen Wehrbauten der Gegend wenig zu tun.

    Burgenforscher Otto Piper definiert die Burg als einen „mittelalterlichen befestigten Einzelwohnsitz eines Grundherrn“. Die architektonische Auslegung dieser Definition unterscheidet sich himmelweit. Zwar gab es auch im Landkreis die mit dicken Mauern umgebenen Höhenburgen, die stolz über der Landschaft thronten – etwa Hoheneck oder der Hohenlandsberg. Doch Bollwerke und Türme aus Stein waren teuer. So griff der Niedrigadel meist auf einfache Holzpalisaden und Gräben zurück, um das jeweilige Haus zu schützen.

    In ihrer einfachsten Form bestand eine Burg lediglich aus einem mehrgeschossigen Wohnturm und einer Palisade oder Mauer. Solche sogenannten „Motten“ befanden sich etwa in Mörlbach oder auf dem Spielberg bei Rüdisbronn.

      Besonders angetan hatten es den Reichen der Gegend aber die hügeligen Ausläufer des Steigerwalds. Nicht nur erfreute die prächtige Sicht auf das eigene Land die Burgherren – das Terrain bot auch einen idealen Schutz vor Angriffen. Allein die Anhöhe zwischen Ergersheim und Herbolzheim trug dereinst drei Burgen: das „Alte Schloss“, die „Altenburg“ und den „Wildberg“. Letzterer ist heute überbaut, die beiden anderen Burgställe liegen im dichten Wald verborgen. Lose Sandsteine und laubbedeckte Gräben weisen am „Alten Schloss“ auf die Ritter-Vergangenheit hin.

      In mehreren Geschichten widmet sich die FLZ nun ungewöhnlichen und rätselhaften Burgställen der Region. Dazu wurden Archive ausgewertet, Heimatkundler und Historiker zu Rate gezogen sowie zahlreiche versunkene Burganlagen aufgesucht – bevorzugt im Frühjahr: Hinweise und Spuren sind zu dieser Jahreszeit noch nicht von dichtem Grün verdeckt.

      Von blanken Hintern und Raubrittern: Die Geschichten hinter den Burgställen

      Verbotenes Buddeln

      Finger weg vom Metalldetektor

      Historische Stätten ziehen nicht nur unschuldige Neugier auf sich. Immer wieder hat das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege mit unerlaubten Grabungen zu kämpfen: „Wir müssen von einigen hundert Fällen pro Jahr ausgehen“, sagt Dorothea Gehringer, Pressesprecherin der Behörde.

      Betroffen sind fast alle archäologisch interessanten Areale. Das beinhaltet amtlich verzeichnete Bodendenkmäler und Flächen, die als Bodendenkmal vermutet werden – also auch bekannte und nicht bekannte Burgställe. Nur wer eine Erlaubnis der Behörden vorweisen kann, darf in solchen Bereichen Erdarbeiten vornehmen, heißt es im Bayerischen Denkmalschutzgesetz. Wer dagegen verstößt, muss mit einer Geldbuße von bis zu 250.000 Euro rechnen.

      Der Grund des Verbots ist aus Sicht der Fachleute leicht nachvollziehbar: „Bodendenkmäler (Funde) verlieren durch die undokumentierte Entnahme weitgehend ihre wissenschaftliche und geschichtliche Bedeutung“, betont das Denkmalamt in einem Informationsschreiben.

      Zudem verweist das Amt auf die bestehende Pflicht, im Fall der Fälle gefundene Bodendenkmäler unverzüglich zu melden.

        Hinweis der Redaktion: Der Text ist eine Wiederveröffentlichung vom 30. Juli 2019.


        Johannes Hirschlach
        Johannes Hirschlach
        Redakteur für Digitales
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