Die hohen Energiepreise, Materialknappheit und unterbrochene Lieferketten stellen die Unternehmen in Westmittelfranken vor große Herausforderungen. Mit welchen Ideen und Strategien sie diesen Schwierigkeiten begegnen, stellen wir in der Serie „Wege durch die Krise“ vor.
Der größte deutsche Automobilhersteller sitzt in Dietenhofen. Vier Millionen Fahrzeuge werden von Herpa jährlich ausgeliefert – allerdings im Maßstab 1:87. Nach den Worten des 35-jährigen Geschäftsführers Hermann Prinz zu Leiningen bezieht Herpa vertraglich Strom, der an den Spotmärkten gehandelt wird, wo der Preis ständig schwankt. „Das war all die Jahre eigentlich ganz gut“, weiß er. 2020 lag der Arbeitspreis ohne Umlagen bei 3 Cent, 2021 dann schon bei 9 Cent. „Dieses Jahr sind wir bei 60 Cent“, berichtet er.
Und es ist eine Menge Strom, die beim Bau der kleinen Fahrzeuge verbraucht wird. Etwa 1,4 Millionen Kilowattstunden werden jährlich benötigt, was dem Verbrauch von 450 Haushalten entspricht. Die Strommenge ist den vergangenen Jahren ziemlich konstant geblieben – analog zum Umsatz. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges hat sich der Preisanstieg noch beschleunigt.
In der Zwischenzeit ist Herpa zu einem Öko-Anbieter gewechselt, der seinen Strom zu 100 Prozent aus Wasserkraft erzeugt. Eine der Überlegungen war, dass man sich dadurch ein wenig vom Gaspreis abkoppeln könnte. „Das ist aber leider nicht so“, weiß der studierte Wirtschaftsingenieur. Für die Energieversorger heiße es „mitgefangen, mitgehangen“.
Zu Beginn des Sommers lag der Preis noch bei 30 Cent. „Da mussten wir noch nichts machen“, sagt der Geschäftsführer. Jetzt liegt die monatliche Stromrechnung bei rund 90 000 Euro. Den größten Teil der Mehrkosten trage die Firma selbst. „Die Objekte sind eben Liebhaberobjekte. Wenn es zur Krise kommt, spart man auch an seinem Hobby. Deswegen wollen wir die Preise nicht zu hoch ansetzen“, argumentiert der Prinz, wie ihn in der Firma alle nennen. Vom Umsatz sei bisher aber noch kein Rückgang spürbar. Man hätte sogar mehr produzieren können, „aber wir hatten zweimal Corona in der Produktion“.
Trotzdem müsse man die Preise anheben, weil auch die Zulieferer mehr verlangen und sonst kein Ertrag mehr übrig bliebe. Ein Beispiel seien die Schaukästen, deren Preise im letzten Jahr viermal erhöht worden seien. Um Strom zu sparen, hat das Unternehmen die konventionellen Leuchtstoffröhren Schritt für Schritt auf LED umgestellt. Die Energiekosten für Beleuchtung können so um 60 Prozent reduziert werden.
Kleine Änderungen gibt es bei der Logistik. Früher wurde der Fachhandel zweimal im Monat beliefert. Dies wurde auf eine Lieferung reduziert. „Das ist nicht nur gut für die Kosten, sondern auch für die Umwelt“, meint der Geschäftsführer. Auch die Pendelfahrten nach Ungarn wurden auf einmal pro Woche halbiert. Der Rechnungsversand per Post soll digitalisiert werden.
Lieferausfälle beim Material hatte Herpa bisher noch nicht zu verkraften. „Das ist immer eine Frage des Preises“, meint Prinz zu Leiningen. Mit recyceltem Plastik habe man zwar experimentiert, aber „man muss die Farbreinheit haben“. Darauf sind sowohl die Sammler als auch die Hersteller der Originalfahrzeuge erpicht.
In der Krise habe man „viel darüber nachgedacht, was man besser machen kann und mit Strukturen gebrochen, die man früher immer hatte“. So sei es vorgekommen, dass auf einer großen Spritzgussmaschine mit großem Energieaufwand nur ein kleines Modell-Seitenspiegelset hergestellt wurde. Durch eine neue, kleinere Spritzgussmaschine kann der Energieverbrauch auf ein Viertel gesenkt werden.
Allerdings ist die Lieferzeit für solche Maschinen lang: „Wir haben im März bestellt und eine Maschine kommt im November, die andere im Januar oder Februar.“ Wenn für den Endverbraucher nicht so viel zu spüren ist, dann läuft es wahrscheinlich gut weiter“, meint der Geschäftsführer zu den Perspektiven der Firma. Man hatte bei allen Krisen bisher einen „relativ guten Kundenkern, der unsere Produkte gekauft hat“.
Ein Teil der Herstellung findet derzeit in Ungarn statt. „Der Plan ist, alles wieder in Deutschland zu konzentrieren.“ Im neuen Jahr erhält Herpa eine neue Druckmaschine, die das ganze Fahrerhaus eines Lkw in einem Arbeitsgang bedrucken kann. Davon erhofft sich Prinz zu Leiningen mehr Tempo und gleichzeitig eine höhere Qualität.
Die 60 000 Liter Heizöl, die Herpa im Moment verbraucht, werden durch den Anschluss an ein örtliches Fernwärmenetz ersetzt, das von einer Biogas- und einer Hackschnitzelanlage gespeist wird.
Geschäftsfeld: Herstellung von Modellfahrzeugen und -flugzeugen im Premiumsegment.
Produktion: vier Millionen Fahrzeuge pro Jahr.
Jahresumsatz: 14 Millionen Euro.
Mitarbeiter: rund 200.