Auf dem Meer treibende Flüchtlinge, Vulkanausbruch und Erdbeben: Nach mehr als sechs Monaten auf See sind 33 Jugendliche zurück nach Deutschland gekehrt.
„Diese Reise war sehr turbulent“, sagte Ruth Merk von der Universität Erlangen-Nürnberg, die das Projekt „Klassenzimmer unter Segeln“ seit 14 Jahren leitet. Am Samstag machte der Traditionssegler „Thor Heyerdahl“ nach etwa 10.000 Seemeilen bei Kaiserwetter wieder in Kiel fest.
In den vergangenen Monaten haben die Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse aus ganz Deutschland auf dem Schiff gelebt und gelernt. Die Reise führte sie von Deutschland über die Kanaren und Kap Verde bis in die Karibik und über die Azoren wieder zurück.
Schon kurz nach dem Start im Oktober habe die Besatzung Flüchtlinge gerettet, die in einem Schlauchboot auf der Nordsee trieben, sagte Merk. Diese hätten von Calais in Frankreich nach Großbritannien übersetzen wollen, seien aber abgetrieben worden.
In der ersten Etappe bis zu den Kanaren sei es für die jungen Leute vor allem darum gegangen, den Alltag an Bord kennenzulernen und sich mit nautischer Theorie zu beschäftigen, sagte Merk. Später wechselten sich Schulunterricht und Schiffsdienst tageweise ab.
Viermal gingen die Jugendlichen während der Reise für mehrere Wochen an Land, um Flora, Fauna, Kultur und Geschichte der jeweiligen Länder zu studieren - wegen des Vulkanausbruchs auf La Palma und Erdbeben auf den Azoren aber zum Teil etwas anders als ursprünglich geplant.
„Das ist eine Schule fürs Leben“, erläuterte Merk die Idee hinter dem Projekt. Die Jugendlichen lernten nicht nur Biologie, Physik und anderen gymnasialen Schulstoff an Praxisbeispielen aus der Umgebung, sondern auch alltägliche Dinge wie Kochen, Toilette putzen sowie soziales Zusammenleben auf engem Raum und Konflikte zu lösen.
Das „Klassenzimmer unter Segeln“ war nach Angaben von Merk das erste Projekt in Deutschland dieser Art. Inzwischen gebe es drei davon. Auch in anderen Ländern wie den Niederlanden und Schweden könnten Schülerinnen und Schüler schwimmende Klassenzimmer besuchen.
© dpa-infocom, dpa:220423-99-13148/3