Erinnerungsstätte und Mahnmal | FLZ.de

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 23.06.2022 12:35

Erinnerungsstätte und Mahnmal

Der Rangeengel ist wesentlicher Bestandteil des Kriegerdenkmals am Neustädter Plärrer. (Foto: Ute Niephaus)
Der Rangeengel ist wesentlicher Bestandteil des Kriegerdenkmals am Neustädter Plärrer. (Foto: Ute Niephaus)
Der Rangeengel ist wesentlicher Bestandteil des Kriegerdenkmals am Neustädter Plärrer. (Foto: Ute Niephaus)

Wenn eine Bürgermeisterdienstversammlung in weniger als zwei Stunden beendet ist, liegt eines nahe: Es ist Neustädter Kirchweih. Dann ist es üblich, dass sich die Bürgermeister nach ihrer Besprechung gemeinsam auf den Weg zum Frühschoppen im Festzelt machen. Das war auch gestern der Fall.

Zuvor hatte Neustadts Altbürgermeister Dr. Wolfgang Mück, promovierter Historiker, über die Kriegerdenkmäler im Landkreis referiert. Als Kind selbst mit seiner Mutter und den Geschwistern geflüchtet, erlebte er die Schrecken des Krieges hautnah mit. „Dies schafft persönliche Betroffenheit“, stellte er fest.

Die in nahezu allen Orten des Landkreises zu findenden Kriegerdenkmäler seien teilweise von namhaften Künstlern ihrer Zeit wie etwa dem gebürtigen Bad Windsheimer Architekten Fritz Mayer gefertigt worden, führte er ins Thema ein. Die meisten Exemplare entstanden vor rund 100 Jahren. Anhand zahlreicher Aufnahmen zeigte Dr. Mück die verschiedenen Arten von Denkmälern auf, aber auch die unterschiedliche künstlerische Darstellung.

Linden sollen an die Gefallenen erinnern

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde so manche Kirche zur Gedenkstätte umfunktioniert. Als Beispiel nannte er die Neustädter Friedhofskirche, aber auch das Gotteshaus in Emskirchen. Tafeln an Friedhofsmauern, an Gemeinde- oder Feuerwehrhäusern fanden ebenfalls Erwähnung. In einem Fall wurden die Namen der beiden Gefallenen eines kleinen Ortes in die Glocke des Feuerwehrhauses eingraviert. Zum Gedenken wurde mancherorts für jeden Gefallenen eine Linde gepflanzt – bleibende Erinnerung.

Was die Symbole betrifft, so fanden laut Mück nach dem Zweiten Weltkrieg oft Stahlhelme Verwendung. Der Löwe als Symbol der Kraft sei dagegen nach dem Ersten Weltkrieg beliebt gewesen. Ein typisches Zeichen seiner Zeit war auch ein Obelisk, auf die man ebenfalls mancherorts stößt.

Das älteste Kriegerdenkmal, auf das der Historiker bei seinen Recherchen und seiner Rundtour durch den Landkreis stieß, stammt aus dem Jahre 1815. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870 bis 71) wurde etliche weitere errichtet. Eines ist – weithin sichtbar – am Neustädter Plärrer zu finden. „Es zeigt einen kraftvollen Löwen und einen Racheengel, der in Richtung Frankreich zum damaligen Erzfeind schaut.“

Steinerne Symbole des Heldentums

Ganz andere Gestaltungsformen für steinerne Erinnerungsstücke präsentierte Mück ebenfalls. Bei diesen stünden, so der Referent, der Opfergedanke und das Heldentum im Vordergrund. Ein sterbender Krieger, der weiterhin die Fahne gen Himmel reckt, Wache haltende Soldaten, Panzerfäuste und Gewehre – all dies seien Symbole des Heldentums ihrer Zeit, mit denen die Bevölkerung auch auf den Krieg vorbereitet werden sollte.

Am Schluss seines Vortrages widmete sich der Historiker noch den Inschriften, teilweise in Verbindung mit religiöser Symbolik. Neben dem Opfergedenken spiegelt sich darin die dankbare Verehrung der im Krieg Gestorbenen seitens ihrer Gemeinde und Mitbürger wider.

Lehren aus der Vergangenheit ziehen

Die Kriegerdenkmäler führten, so Mück, vor Augen, was passiert ist. Sie forderten dazu auf, Lehren aus der Vergangenheit und den Kriegen zu ziehen und Schlüsse für die Zukunft. Mück, der rund 200 dieser Denkmäler im Landkreis fotografiert hatte, würde gern auch jene Zeugen der Vergangenheit, die in Rat- und Vereinshäusern an die Gefallenen erinnern, aufnehmen. „Dafür bin ich jedoch auf ihre Hilfe angewiesen“, erklärte er an die Adresse der Bürgermeister gewandt. Festhalten will er alles in einem Buch und fragte mit Blick auf die anfallenden Kosten nach, ob jede Kommune 100 bis 150 Euro beisteuern könnte. Dagegen sprach sich niemand aus.

Landrat Helmut Weiß merkte abschließend an, dass diese Denkmäler zu den Ortschaften gehörten, ein Teil von diesen seien, jedoch ohne den Krieg zu verherrlichen. Es gelte, sie in Ehren zu halten, Er empfahl, auch die Inschriften bei Bedarf wieder nachziehen zu lassen. Wenn man diese genauer betrachte, sei festzustellen, dass gerade in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges noch viele Menschen sinnlos gefallen sind.

Ute Niephaus

north