Sie floh vor brutalem Ex-Partner: Neues Leben für 30-Jährige und ihre Tochter | FLZ.de

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Sie floh vor brutalem Ex-Partner: Neues Leben für 30-Jährige und ihre Tochter

Oft wurde Hannah S. allein gelassen, aufgegeben hat sie trotzdem nie. (Symbolbild: Jim Albright)
Oft wurde Hannah S. allein gelassen, aufgegeben hat sie trotzdem nie. (Symbolbild: Jim Albright)
Oft wurde Hannah S. allein gelassen, aufgegeben hat sie trotzdem nie. (Symbolbild: Jim Albright)

Hannah S. wurde brutal verprügelt, das Gesicht auf den harten Boden geschlagen, ihre Wohnung verwüstet, die Scheibe ihres Autos eingeschlagen, während die Tochter auf der Rückbank saß. Hilfe bekam die 30-Jährige lange nicht. Stattdessen machte sich in ihrem Kopf ein quälender Gedanke breit: „Anscheinend bin ich hier das Problem.”

Die Beziehung zu ihrem Ex-Partner war eigentlich nicht lange gut. Hannah S. erinnert sich auf den Tag genau, wann er zum ersten Mal gewalttätig war. Das war zwei Tage vor ihrem Geburtstag, sie waren erst wenige Monate zusammen.

Eigentlich wusste sie, dass damit eine Grenze überschritten ist. Doch sie schaffte es nicht, sich zu trennen. Es folgten immer häufiger Schläge und auch psychische Gewalt. Hannah S. gab sich oft selbst die Schuld an den Eskapaden ihres Ex-Freundes.

Das Umfeld hat sie nicht unterstützt

Die 30-Jährige wirkt selbstbewusst. Sie ist ein Mensch, der gerne anpackt, das merkt man schnell im Gespräch. Jemand, der gut zuhört und für andere da ist. Hannah S. wirkt wie eine Frau, die alles meistert, auf ihre eigene Art. Und sie spricht mir klarer, fester Stimme – auch über die Dinge, die sie gebrochen haben. Sie erzählt viel, möchte rauslassen, was ihr angetan wurde. Zu lange hat sie nicht darüber geredet, räumt sie ein.

Tränen laufen über ihre Wangen, als sie ein Video zeigt von der verwüsteten Wohnung: Die Schränke sind ausgeräumt, der Boden ist übersät mit Dingen, alles liegt kreuz und quer. Dann zeigt sie Fotos von sich mit geschwollenem Gesicht und blauem Auge. Ihre Stimme bebt, als sie von diesem Tag erzählt.

Hannah S. wurde lange damit allein gelassen. Im Umfeld hat niemand eingegriffen. Man hat ihr Tipps gegeben, wie sie sich verhalten sollte, nicht aber ihm klare Grenzen aufgezeigt.

Selbst als sie den Mut fand, zur Polizei zu gehen, glaubte man ihr nicht. Auch vor Gericht wurde der Ex-Partner nicht zur Verantwortung gezogen. Das Vertrauen der 30-Jährigen in den Rechtsstaat ist dadurch erschüttert. Sie fühlt sich alleingelassen.

Wohnmobil als Zwischenlösung

Die 30-Jährige hat bis vor wenigen Wochen mit ihrer Tochter im Rhein-Ruhr-Gebiet gewohnt. Sie hatte dort eine Wohnung und Arbeit. All das ließ Hannah S. im Oktober zurück und kam mit ihrer Tochter und ihrem Wohnmobil in die Region.

Schon seit gut einem Jahr hat sie darüber mit ihrer engsten Freundin, gleichzeitig Patentante der Tochter, die in der Region wohnt, gesprochen. Die beiden sind gemeinsam aufgewachsen. Das Wohnmobil steht im Hof der Freundin. Das Badezimmer dürfen sie mitbenutzen. Obwohl die Umstände alles andere als luxuriös sind, fühlt sich Hannah S. mit ihrer Tochter gut angekommen: „Ich habe hier alles, was ich brauche.”

Die Tochter geht in die Schule, die 30-Jährige hat sofort Arbeit gefunden. An mehreren Abenden in der Woche ist sie als Servicekraft in der Gastronomie tätig. Wenn sie arbeitet, schläft ihr Kind und die Freundin passt auf.

Spenden für Kaution und Möbel

Gearbeitet hat Hannah S. schon immer viel. Sie ist gelernte Fitness- und Gesundheitskauffrau, hat zahlreiche Fortbildungen im Gesundheitsbereich absolviert und ist Yoga-Lehrerin.

Später arbeitete sie dann in der Einzelbetreuung der 24-Stunden-Pflege und jobbte im Supermarkt. Der Vater ihrer Tochter zahlt keinen Unterhalt – Hannah S. musste schon immer alles allein meistern.

Das Wohnmobil ist natürlich nur eine Übergangslösung. Eine eigene Altbauwohnung, gleich neben der ihrer besten Freundin, hat die 30-Jährige schon in Aussicht. Zum 1. Januar könnten ihre Tochter und sie einziehen. Doch für die Kaution sind rund 2000 Euro fällig. Außerdem braucht sie ein Bett, Sofa, Schränke und Regale. Die Möbel der Wohnung in Nordrhein-Westfalen hat sie verkauft.

Viel Geld ist allerdings nicht hängen geblieben. Eine Spende aus der Aktion „FLZ-Leser helfen” würde Hannah S. helfen, für sich und ihre Tochter ein sicheres Zuhause einzurichten. Die direkte Nachbarschaft zur Patentante und Freundin würden der 30-Jährigen und ihrer Tochter sehr helfen. Gesundes Essen, Bewegung, Zeit für die Liebsten, das ist, was Hannah S. jetzt braucht. „Wir sind Teetrinker und Gemüseschnibbler”, sagt sie. Die 30-Jährige möchte außerdem eine Therapie anfangen, um die Vergangenheit aufzuarbeiten.

Abitur und Studium sind weitere Ziele

Wenn sich alles einmal eingespielt hat, plant Hannah S., sich auch beruflich noch einmal neu zu orientieren. Vielleicht holt sie ihr Abitur nach und studiert. Sie interessiert sich für Wissenschaft und Medizin, liest sehr gerne.

Aber zuerst geht es jetzt um Sicherheit für ihre Tochter und sie selbst. Hannah S. will weiter machen, mutig bleiben und doch sagt sie: „Ich habe auch nichts dagegen, es mir jetzt mal leichter zu machen.”

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Antonia Müller
Antonia Müller
Redakteurin in der Lokalredaktion Ansbach
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