Rekordwert bei der Amphibienzählung | FLZ.de

arrow_back_rounded
Lesefortschritt
Veröffentlicht am 24.10.2022 17:57

Rekordwert bei der Amphibienzählung

Viele Amphibien wie Erdkröten kommen auf ihren Frühjahrs- und Herbstwanderungen beim Überqueren von Straßen ums Leben. Der Bund Naturschutz organisiert auch im Kreis Ansbach Rettungsaktionen. (Foto: Michael Hauer)
Viele Amphibien wie Erdkröten kommen auf ihren Frühjahrs- und Herbstwanderungen beim Überqueren von Straßen ums Leben. Der Bund Naturschutz organisiert auch im Kreis Ansbach Rettungsaktionen. (Foto: Michael Hauer)
Viele Amphibien wie Erdkröten kommen auf ihren Frühjahrs- und Herbstwanderungen beim Überqueren von Straßen ums Leben. Der Bund Naturschutz organisiert auch im Kreis Ansbach Rettungsaktionen. (Foto: Michael Hauer)

Zahlreiche Amphibien sind derzeit auf dem Weg ins Winterquartier. Diese Herbstwanderung verläuft diffuser und ist deswegen weniger bekannt als die konzentrierte Wanderung zu den Laichgewässern im Frühjahr. Aber Michael Hauer von der Ansbacher Kreisgruppe des Bund Naturschutz nimmt sie zum Anlass, eine Bilanz der Rettungszaunaktion im Frühling zu ziehen.

„Die Amphibien haben es bei uns nicht leicht“, sagt er. Zahlreiche Frösche, Kröten und Molche verlieren ihr Leben, wenn sie im Frühjahr auf dem Weg zu ihren Laichgewässern oder zu den Winterverstecken im Herbst Straßen überqueren müssen.

Möglichst viele Tiere vor dem Tod bewahren

Der Bund Naturschutz versucht, im Frühjahr mit Amphibienzäunen möglichst viele Tiere vor dem Tod auf der Straße zu bewahren. Bei der Herbstwanderung sei dies nicht möglich, sagt Hauer. Sie verlaufe diffuser, da die Tiere mitunter andere Strecken zurücklegen und über einen längeren Zeitraum hinweg, weniger geballt, unterwegs sind.

Sie brechen auf zu ihrem Winterlebensraum, der besser positioniert ist zu Gewässern. Das heißt, sie laufen im Herbst schon ein Stück in die Richtung des Gewässers, in dem sie geboren sind und laichen wollen, damit sie es im Frühling nicht mehr so weit haben.

Weiterer Rückgang wird erwartet

Vorzugsweise sind die Tiere an Regentagen, in der Dämmerung und nachts bei Temperaturen über fünf Grad unterwegs. Wenn es kälter wird, graben sie sich – gerne im Wald – bis in eine frostfreie Schicht in den Boden ein oder kriechen in ein Mauseloch.

Während bei der Amphibiensammelaktion im Frühling bayernweit schon lange ein Negativtrend zu verzeichnen sei, habe sich im Landkreis Ansbach 2022 das beste Ergebnis seit Beginn der Aufzeichnungen ergeben: Insgesamt seien an 58 Strecken 64.684 Tiere gesammelt worden. In die Eimer hinter den Zäunen geplumpst seien mit großem Abstand Erdkröten (52.832), gefolgt von Teichmolchen (7376), Bergmolchen (2909), Grasfröschen (795), Grünfröschen (621), Laubfröschen (36), Knoblauchkröten (29), Kammmolchen (14) und verschiedenen anderen Amphibien (72).

200 Ehrenamtliche packten mit an

Für Hauer ist der Spitzenwert im Landkreis jedoch kein Grund zur Freude. „Das kann ein Ausreißer sein“, sagt er. Denn bayernweit sei künftig ein weiterer Rückgang der Amphibienpopulationen zu erwarten – bedingt durch Lebensraumzerschneidung und -zerstörung. Die Grasfroschpopulation etwa sei seit 2019 im ganzen Land eingebrochen. Auch die Knoblauchkröte, die sandige Böden benötige, komme immer seltener vor, ebenso der Kammmolch. Betreut haben die Strecken mit Amphibienzäunen im Landkreis Ansbach an die 200 Ehrenamtliche.

Hauer spricht ihnen ein dickes Lob dafür aus, dass sie so viel Zeit für den Tierschutz aufgewendet haben und dazu zum Teil extra früher aufgestanden sind, um die Eimer morgens vor der Arbeit kontrollieren zu können.

Betreuer in Petersaurach gesucht

Außerdem hebt er die gute Zusammenarbeit mit den Straßenmeistereien hervor, die den Großteil der Amphibienzäune aufstellen.

Nach einer zu kalten und zu trockenen ersten Märzhälfte sei die große Amphibienwanderung heuer Mitte März losgegangen, berichtet Hauer. Die Tiere seien bis Mitte April in vier Hauptphasen unterwegs gewesen. Zwischendurch habe es Unterbrechungen, bedingt durch Kälte, Schnee oder Trockenheit, gegeben.

Eine neue Strecke ist heuer dazugekommen: zwischen Wilmersdorf und Hellersdorf. Dafür musste eine Stelle am Sportplatz bei Petersaurach in diesem Jahr nicht betreut werden, da die Straße für den Verkehr gesperrt war.

Die Kontrolle der Amphibienzäune ist mitunter zeitaufwendig. Schließlich müssen die Eimer morgens und abends geleert werden. „Es gibt Tage, da ist man ganz schön beschäftigt“, erzählt der BN-Mitarbeiter. An einem Zaun im Geisengrund seien an einem einzigen Tag schon mal 500 bis 1000 Amphibien in die Eimer gefallen und über die Straße gebracht worden.

Genau an diesem Tag habe er eine Schulklasse zu dem Amphibienzaun geführt. Die Kinder seien begeistert gewesen von den vielen Tieren, die sie aus nächster Nähe bestaunen konnten. Hauer hofft, dass sich auch im nächsten Jahr wieder genügend Ehrenamtliche finden, die Amphibienzäune betreuen. Er freut sich, dass einige schon seit vielen Jahren mit anpacken. Händeringend sucht er noch jemanden, der die Helfer an der Amphibienzaunstrecke im Aurachtal bei Petersaurach entlastet.

Er selbst betreut eine Strecke in Lengenfeld und weiß, wie viel Freude es bereitet, Amphibien zu retten.

Sabotageakt am Scheerweiher

Doch in diesem Jahr musste er auch Unschönes wegstecken: einen Sabotageakt. An einem kleinen Amphibienzaun am Ansbacher Scheerweiher hatte jemand die in den Boden eingelassenen Eimer mit Erdreich gefüllt, sodass die Rettungsaktion nicht mehr funktionierte.

„Das ist keine Bagatelle“, betont der Naturschützer. „Wir haben es zur Anzeige gebracht, aber es ist nichts dabei rausgekommen.“ Vorher war solch ein Vorfall noch nie vorgekommen – und Hauer will auch nie wieder einen erleben.

north