Die hohen Energiepreise, Materialknappheit und unterbrochene Lieferketten stellen die Unternehmen in Westmittelfranken vor große Herausforderungen. Mit welchen Ideen und Strategien sie diesen Schwierigkeiten begegnen, stellen wir in der Serie „Wege durch die Krise“ vor.
Electrolux ist der größte Arbeitgeber in der Region um Rothenburg. „Letztes Jahr war ein supergutes Jahr für uns“, meint Kilian Knorr-Held, Geschäftsführer des Firmen-Standortes. Die Leute seien viel zuhause gewesen und hätten dort gekocht. Die gute Konjunktur habe bis Anfang dieses Jahres angehalten. „Jetzt bröckelt das Ganze ein bisschen, aber für uns nicht so brisant, wie es allgemein diskutiert wird“, meint der 61-jährige Maschinenbau-Ingenieur Knorr-Held, da man sich im gehobenen Preissegment befinde. Die Gesamtsituation sei nicht einfach, aber noch ganz gut zu handhaben.
Die aktuellen Kostensteigerungen seien sehr schnell gekommen. „So schnell kann man gar nicht am Markt reagieren und man kann sie auch nicht in vollem Umfang weitergeben, weil man sonst nicht mehr konkurrenzfähig ist“, erklärt er.
Etwas von den Steigerungen wird im Endpreis der Produkte spürbar sein, „weil sie eine Dimension haben, die man einfach nicht abfangen kann“. In welchem Umfang, kann Knorr-Held nicht allgemeingültig beantworten. In dieser Hinsicht werde jeder einzelne Markt in Europa betrachtet. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Agieren der Wettbewerber.
Die Materialkosten steigen schon seit Anfang des Jahres massiv. Zunächst war der Stahl betroffen, dann gab es Engpässe bei den Elektronik-Komponenten. Auf dem Spotmarkt müsse man jetzt für „Fitzelkram“ das Fünf- bis Zehnfache zahlen. Der Umstieg auf andere Materialien sei wegen der aufwendigen Freigabeprozesse kaum möglich. Das Thema Energie komme jetzt. „Wir haben ein Riesengebäude, das wir beheizen müssen“. Außerdem benötigen zum Beispiel die beiden großen Emaillier-Öfen viel Gas und zahlreiche weitere Prozesse wegen der großen Fertigungstiefe viel Strom. Das Werk bezieht den Stahl in großen Rollen, aus denen zunächst Rohteile geschnitten werden, die dann gestanzt werden.
„Anlagen wie Großpressen sind immer Millioneninvestitionen“, weiß Knorr-Held. Deswegen seien nicht alle Maschinen auf dem letzten Stand der Energieeffizienz. Bei einer neuen Großpresse liege der Energieverbrauch „massiv“ unter dem früheren Verbrauch. Der Austausch gehe aber nur in Schritten. Sowohl beim Gas- wie beim Stromverbrauch bewege man sich im „niedrigen zweistelligen Gigawattbereich“.
Schon vor über zehn Jahren installierte Electrolux in Rothenburg ein Blockheizkraftwerk. Prinzipiell sei es ein schöner Gedanke, Strom und Wärme zugleich zu erzeugen – aber es wurde Anfang des Jahres abgestellt, weil der Gaspreis so hoch geworden ist, dass es „sich einfach nicht mehr rechnet“. Jetzt wird der Strom von außen bezogen, auch für die mittlerweile etwa 100 Roboter in der Fabrik. Der Großteil der Beleuchtung ist bereits auf LED umgestellt, was sich „enorm rechnet“.
Für mehr als die Hälfte des Gasverbrauchs ist die Heizung verantwortlich. Die Gebäude stammen aus den sechziger und siebziger Jahren und sind entsprechend schlecht isoliert. Auch hier sind Verbesserungen geplant, soweit das Budget reicht. So zügig wie möglich soll auf flüssiges Erdgas (LNG) umgestellt werden. Anfang 2023 soll ein großer Tank auf dem Gelände stehen. Einen spanischen Anbieter hat Electrolux schon gefunden. Das Gas kommt von Terminals in Belgien. Damit wäre man zeitweise autark. Jedoch sei der Genehmigungsprozess sehr aufwendig. Eine Person sei aktuell ausschließlich damit beschäftigt.
Dennoch soll die Temperatur in den Werksräumen „nicht unbedingt“ abgesenkt werden. Stattdessen will man die Heizperiode anders ansetzen. Dinge, die man in der Vergangenheit „vielleicht ein wenig nachlässig behandelt hat“, werden nun genauer angeschaut – was der Geschäftsführer als einen Vorteil der aktuellen Lage sieht. „Wir brauchen von jedem Einzelnen das Engagement“, betont Knorr-Held. Wenn bei fünf Grad die Tore offen stehen oder wenn im Büro den ganzen Tag die Fenster gekippt sind – „sowas sollte natürlich nicht passieren“.
Das wurde den Mitarbeitern in der Werkszeitung, bei einer Betriebsversammlung und auf den Computer-Bildschirmen kommuniziert. Das sei auf Verständnis getroffen. „Über diese Dinge bekommen wir schon eine Einsparung, die über unseren Erwartungen liegt.“ Das hilft auch dabei, das „hehre Ziel“ einer CO₂-freien Produktion im Jahr 2030 zu erreichen.
Geschäftsfeld: Herstellung von Einbauherden und Kochmulden im gehobenen Segment.
Mitarbeiter: knapp 1200 am Standort Rothenburg (davon 220 in der Entwicklung für den Konzernverbund).
Produktion: Etwa 2 Millionen Großgeräte pro Jahr.