Die Krankmeldung zu spät beim Arbeitgeber eingereicht, am Firmenlaptop mehrfach privat im Netz geshoppt: Kann ja nicht so schlimm sein, oder? Dürfen Arbeitgeber Beschäftige aufgrund ihres Verhaltens entlassen – und wenn ja: unter welchen Voraussetzungen? Ein Überblick zur Rechtslage.
„Einer verhaltensbedingten Kündigung liegt eine Fehlleistung oder ein Fehlverhalten zugrunde, die für den oder die Beschäftigte steuerbar war und die er oder sie bei gutem Willen hätte unterlassen können“, sagt Prof. Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied im Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VDAA).Beispiele für eine rechtmäßige verhaltensbedingte Kündigung sind unter anderem wiederholtes Zuspätkommen zur Arbeit oder etwa Beleidigungen an die Adresse des Arbeitgebers oder von Kollegen. Und auch Minderleistungen können laut Fuhlrott ein Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung sein. Etwa, wenn eine Person langsam oder häufig fehlerhaft arbeitet (low performer), obwohl ihr ein schnelleres und tadelloses Arbeiten möglich wäre.
„Bei einer personenbedingten Kündigung fehlt dem Arbeitnehmer eine persönliche Eigenschaft, Fähigkeit oder nicht vorwerfbare Einstellung, die zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung erforderlich ist“, sagt Daniel Stach, Arbeitsrechtler in der Bundesverwaltung der Gewerkschaft Verdi. Hier gehe es darum, dass sich der Arbeitnehmer anders verhalten wollte, es aber nicht konnte. Typische personenbedingte Kündigungsgründe können laut Stach schwere Krankheit oder dauerhafte Leistungsunfähigkeit sein.
Nein. Bei einer Minderleistung kommt es beispielsweise darauf an, ob Beschäftigte ihre Leistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis nicht erfüllen wollten oder ob sie sie aufgrund ihrer individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse nicht in vollem Umfang erfüllen konnten. „Arbeitnehmer haben den Vorteil, dass der Arbeitgeber bei einer Minderleistung den fehlenden Willen für eine verhaltensbedingte Kündigung nachweisen muss“, so Gewerkschaftsjurist Stach.
Auch bei einer personenbedingten Kündigung steht der Arbeitgeber in der Pflicht nachzuweisen, dass die Minderleistung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin derart gravierend ist, dass sie dem Betrieb schadet und weit hinter der Leistung der übrigen Belegschaft zurückbleibt. „Das heißt, dass eine Minderleistung des Arbeitnehmers allein noch nicht für eine Kündigung genügt“, so Stach.
Beschäftigten droht eine verhaltensbedingte Kündigung, wenn sie eine Pflicht aus dem Arbeitsvertrag schuldhaft – also vorsätzlich oder fahrlässig – verletzt haben. Eine Kündigung ist laut Stach erst die letzte Stufe auf einer langen Eskalationsspirale. „Bevor der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen darf, muss er prüfen, ob ihm nicht andere, mildere Mittel zur Verfügung stehen“, so der Gewerkschaftssekretär. Der Arbeitgeber dürfe nicht sofort zum schärfsten Schwert greifen, sondern habe angemessen zu reagieren.
Die Kündigung muss immer schriftlich erfolgen und dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin zugehen. Ferner ist der Betriebsrat, sofern vorhanden, vor jeder Kündigung anzuhören. „Unterbleibt die Anhörung oder sie ist fehlerhaft, ist die Kündigung unwirksam“, so Stach.
„Einer verhaltensbedingten Kündigung muss oft eine Abmahnung vorausgehen“, sagt Fuhlrott. Mit der Abmahnung müsse dem oder der Beschäftigten deutlich werden, welches Fehlverhalten ihm oder ihr zur Last gelegt wird. Der Arbeitgeber müsse kundtun, dass er derartige Pflichtverletzungen in Zukunft nicht mehr hinnehmen werde.
Schließlich steht der Arbeitgeber in der Pflicht, den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zu einem vertragsgemäßen Verhalten aufzufordern und ihm oder ihr die möglichen Konsequenzen für den Fall einer Wiederholung klarzumachen. „Mahnt der Arbeitgeber jedoch zu häufig wegen eines bestimmten Fehlverhaltens ab, fehlt es an der Ernsthaftigkeit der Warnung“, so Stach. Eine verhaltensbedingte Kündigung kann dann unter Umständen unwirksam sein, zeigen Gerichtsurteile.
Dazu zählen zum Beispiel Verhaltensweisen wie:
Arbeitnehmende können bei Erhalt einer verhaltensbedingten Kündigung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. „Dies muss zwingend binnen drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung geschehen, sagt Gewerkschaftsjurist Daniel Stach.
Die Kündigungsschutzklage können Beschäftigte entweder selbst – gegebenenfalls mit Hilfe der Rechtsantragstelle beim Arbeitsgericht – einreichen oder durch eine Fachanwältin für Arbeitsrecht oder die zuständige Gewerkschaft. „Wichtig ist in jedem Fall die peinlich genaue Einhaltung der dreiwöchigen Klagefrist“, so Stach. Wird die Klage verspätet erhoben, ist sie unzulässig und die Kündigung gilt als wirksam.
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