Nachdem die Überraschung im ungleichen Duell um Olympia-Bronze ausgeblieben war, brach Xiaona Shan emotional zusammen. Wie ein Häufchen Elend hockte die mit 41 Jahren erfahrenste deutsche Tischtennis-Spielerin nach dem 0:3 gegen Südkorea weinend hinter der Bande. Minutenlang musste sie von ihren deutlich jüngeren Teamkolleginnen und Bundestrainerin Tamara Boros getröstet werden.
„Wir sind eine Mannschaft, wir gewinnen und verlieren zusammen. Und wenn es einem nicht so gut geht, dann versuchen wir, den aufzubauen und Mut zuzusprechen und auch die Augen zu öffnen. Wir sind hier eigentlich mit einer Ersatzmannschaft angereist“, sagte Olympia-Debütantin Annett Kaufmann. Dabei liefen der 18-Jährigen selbst Tränen über die Wange. Der vierte Platz bei Olympia sei ein großer Erfolg für das Frauen-Team, auch wenn im Moment „die Enttäuschung natürlich groß“ sei.
Shan war von einer Bandscheibenverletzung beeinträchtigt angetreten, was sich in ihrem chancenlosen Einzel zum Abschluss gegen Jeon Jihee (0:3) bemerkbar machte. Sie hätte „gerne mehr gegeben“, erklärte Shan.
Dabei hatte die Team-Silbermedaillengewinnerin von 2016 zuvor im Doppel gezeigt, dass sie auch angeschlagen noch zu einer starken Leistung fähig ist. Gemeinsam mit Yuan Wan brachte Shan die klar favorisierten Shin Yubin und Jeon Jihee nach einem Zwei-Satz-Rückstand an den Rand einer Niederlage, im entscheidenden fünften Durchgang führte das deutsche Duo schon 7:4. Am Ende gaben sie das Match mit 2:3 nach Sätzen ab.
Die Leistung sei dennoch „Wahnsinn“ gewesen, meinte Wan, denn sie und Shan hätten vor dem Turnier „noch nicht einmal zusammen trainiert“. Dem deutschen Team fehlten zwei Topspielerinnen. Nina Mittelham hatte sich bei ihrem Zweitrunden-Aus im Einzel in Paris eine Bandscheibenverletzung zugezogen. Ying Han konnte wegen eines Achillessehnenrisses erst gar nicht anreisen.
Durch die Ausfälle rückte Kaufmann überhaupt erst in den Kader für Paris. Mit fünf Siegen in ihren ersten fünf Matches verblüffte der Teenager selbst die Weltelite, beim 0:3 gegen die Südkoreanerin Lee Eunhye erwischte sie aber einen gebrauchten Tag. Sie habe sich im Spiel „nicht so wohl gefühlt“ und einen „gewissen Druck gespürt“, gab sie zu.
Mit Kaufmann und dem Frauen-Team zeigte sich Sportdirektor Richard Prause vom Deutschen Tischtennis-Bund sehr zufrieden, mit der ersten Nullrunde bei Olympia seit 2004 dagegen nicht. Bei den Männern seien die Deutschen jahrelang die gewesen, „die China jagen“. In Paris hätten andere Nationen diese Rolle eingenommen. „Die werden wir jetzt jagen“, kündigte Prause an.
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