Denkt Sommelier Felix Schwaighofer an die Paarung Sekt und Spargel, gerät er regelrecht ins Schwärmen: „Das ist ein Frühlingserwachen im Gaumen. Mit Schaumwein holt man die Rezepturen aus dem Winterschlaf zurück, die Perlage lockert die Gerichte immer auf.“
Für Koch Lukas Nagl, der mit Schwaighofer im Gourmetrestaurant „Bootshaus“ am oberösterreichischen Traunsee arbeitet, hat die Sekt-Spargel-Kombination „etwas Feierliches, etwas Königliches.“ Das muss nicht zwangsweise elitär oder übertrieben kostspielig sein. Wer Familie und Freunde zu Hause mit der Verschmelzung überraschen will, begeht laut dem 28-jährigen Sommelier keine Todsünde, wenn er zu einem zertifizierten, naturverkorkten Sekt vom Discounter greift - obgleich er Winzersekt natürlich für besser hält.
Stimmen muss stets die Frische und Klasse des Rohprodukts Spargel. Da sollten Käufer nicht am falschen Ende sparen. „Der Spargel darf am Schnitt nicht holzig oder aufgerissen sein, und wenn man die Stangen aneinander reibt, müssen sie quietschen“, umreißt 4-Hauben-Koch Lukas Nagl die Qualitätsmerkmale.
Als Nebenprodukte sieht der 35-Jährige Spargelsalat aus übrig gebliebenen Stücken der gegarten Stangen sowie Spargelsuppe aus den schmackhaften Schalen. „Ich kaufe einmal Spargel und kann drei Gerichte daraus machen“, sagt er auf und räumt so mit Vorbehalten auf, Spargel sei zu teuer.
Der Experimentierfreude sind beim Kombinieren von Spargel und Sekt auch daheim keine Grenzen gesetzt. Falsch machen kann man nach Meinung der Vollblutprofis nicht viel - wenn man die folgenden Regeln beachtet: die passende Kühlung des Sekts, keine Übergarung des Spargels und eine gute Schälung des weißen Goldes. „Sonst hat man integrierte Zahnseide“, sagt Nagl und schmunzelt. Standard sei ein trockener Sekt, dazu Spargel klassisch aufgetischt mit Kochschinken oder einer Sauce Hollandaise - das geht immer.
Doch Lukas Nagl animiert zu weiteren Ansätzen: „Geröstete Haselnüsse zu Spargel sind super, das ergibt einen richtigen Crunch. Und da weniger oft mehr ist, braucht es einfach nicht mehr.“ Und was trinkt man in dem Fall dazu? „Am besten einen trockenen Schaumwein mit feiner Perlage“, so Schwaighofer.
Auch einen mit Mayonnaise zubereiteten Spargelsalat mit Kochschinken und Erbsen kann man mit einem säurebetonten, trockenen Tropfen begleiten. Ein „Dry“ oder „Sec“ passt gleichermaßen zur Spargelsuppe. Oder zu einer süßen Kreation, die Nagl wagt: Spargel mit Rhabarber. Oder zu einem echten Sattmacher, auf den sich Schwaighofers Oma Katharina, eine Wirtshausköchin, verstand: ein Spargel Cordon Bleu.
Das Großmutter-Rezept ist ein Insidertipp. Schwaighofer verrät die Zubereitung einer Portion, wie er sie schon als Kind erlebte: „Drei Stangen Spargel werden mit gekochtem Schinken und Käse umwickelt und dann in ihrer Panade in Butterschmalz souffliert, so wie ein Schnitzel.“ Bei dem deftigen, gehaltvollen Gericht müsse man beim Sekt „mit Säure dazuspielen“, so Schwaighofer.
Dagegen empfiehlt er bei Spargelsalat, der mit Essig angemacht ist, einen halbtrockenen Tropfen als Begleitung: „Die Säure des Essigs lässt sich damit auflockern. Das ist eine Super-Symbiose.“ Als Alternative hält der Sommelier auch alkoholfreie Schaumweine für geeignet, die auf der Basis von Tee kreiert werden. Schwaighofer: „Das gibt eine leichte Süße, eine Honignote als Konterpart.“
Überraschend und zur Nachahmung empfohlen: Beim Spargel muss der Sekt nicht zwangsläufig im Glas daneben stehen, sondern kann auch als Zutat einfließen. Küchenchef Lukas Nagl richtet mit Schaumwein eine Vinaigrette zu Spargel an. Je nach Lust und Geschmackslaune kommen Fischeier, Estragon und gelbe Früchte wie eingelegter Pfirsich hinein.
Beim Spiel mit Aromen geht Nagl noch weiter: „Spargel kann auch etwas Schärfe vertragen, zum Beispiel mit Piment d’Espelette.“ Die Schärfenoten im Spargel lassen sich stets mit leichter Süße abfedern. Der Tipp vom Sommelier: dazu ein Rosé Demi-sec. „Das lockert auf und geht dann Hand in Hand“, so Schwaighofer.
Die prickelnden Freuden am Duett von Sekt und Spargel sind zeitlich begrenzt: auf die heimische Spargelsaison im Frühjahr. Entgegen üblichen Ratschlägen steht für die Profis fest: Einfrieren könne man Spargel unter keinen Umständen, allenfalls fermentieren, doch das überzeugt Koch und Sommelier letztlich auch nicht.
Unisono halten beide weder etwas von Importspargel aus Südamerika noch von Spargel aus dem Glas oder der Dose, um zu einer anderen Jahreszeit damit zu kochen. „Man isst Ostereier ja auch nicht an Weihnachten“, sagt Schwaighofer und lacht. Saison ist Saison, Punkt, aus. „Danach freue ich mich aufs nächste Jahr“, so Lukas Nagl.
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