Über 300 duale Berufsausbildungen gibt es in Deutschland. Damit die Inhalte relevant und aktuell bleiben, werden die Ausbildungsordnungen regelmäßig angepasst: Dann können Berufe wegfallen, neu hinzukommen oder modernisiert werden.
Häufig geht es bei der Modernisierung von Ausbildungsordnungen darum, bestimmte Entwicklungen der Arbeitswelt auch in der Berufsbildung zu verankern. Dazu gehören laut Monika Hackel zum Beispiel die großen Themen Digitalisierung, Internationalisierung und Nachhaltigkeit. Sie leitet beim BIBB (Bundesinstitut für Berufsbildung) die Abteilung Struktur und Ordnung der Berufsbildung.
Nachhaltigkeit kann dabei ganz Unterschiedliches bedeuten. „Wenn ein Koch nachhaltig arbeitet, ist das natürlich etwas anderes, als wenn man in der Versicherungswirtschaft den Kunden nachhaltige Finanzprodukte vermittelt.“
Bei der Internationalisierung geht es zum Beispiel darum, bestimmte EU-Richtlinien in die Berufe zu implementieren. „Das betrifft zum Beispiel in diesem Jahr die Berufe in der Binnenschifffahrt. Da ist eine neue Richtlinie umgesetzt worden, die sich mit der Nautik in der EU beschäftigt“, illustriert Hackel. Ab August teilt sich die Ausbildung nun in die Berufe Binnenschiffer und Binnenschifffahrtskapitän.
Die Initialzündung für eine Modernisierung komme immer aus der beruflichen Praxis, also aus der Wirtschaft, sagt Hackel. Der Wunsch nach einer Neuordnung werde dann geprüft. Sind die Veränderungen alle machbar oder zu kleinteilig? Entsprechen die Vorschläge den Regelungen des Berufsbildungsgesetzes? Dann erst geht es in den eigentlichen Prozess der Modernisierung.
Und woher wissen Azubis nun, ob ihre Ausbildung auch wirklich auf dem Stand der Dinge ist? Zunächst einmal gilt: Die Ausbildungsordnungen legen zwar schon viel Grundsätzliches fest, geben aber nicht bis aufs Detail vor, was in der Ausbildung gelehrt wird. „Zum Beispiel, dass zwingend eine bestimmte Software vermittelt werden muss“, so Hackel.
Die genaue Umsetzung liegt also auch bei Betrieb und Berufsschule. „Der Betrieb hat in jedem Fall die Pflicht, mich für bestimmte Dinge fit zu machen“, sagt Monika Hackel. Kann der Betrieb das nicht, muss das unter Umständen in einem überbetrieblichen Ausbildungszentrum oder in einer Verbundausbildung passieren. Hier lernen Azubis kleinerer Betriebe bestimmte Elemente ihrer Ausbildung zum Beispiel für einige Wochen bei einem größeren Arbeitgeber.
Die Ausbildungsordnung ist auch Teil des Ausbildungsvertrags. „Da ist es meine Pflicht als Azubi zu schauen: Was unterschreibe ich denn da? Da habe ich schon ersten Kontakt zu meiner Ausbildungsordnung und kann sehen, was ich hier eigentlich lernen soll“, so Hackel.
Eine ähnliche Funktion erfüllt das Berichtsheft, das in vielen Berufen Pflicht ist. „Auch das sollte sich an der Ausbildungsordnung orientieren“, sagt Hackel. Azubis können etwa abgleichen, was sie an bestimmten Tagen im Betrieb gemacht haben und unter welchen Aspekt ihres Ausbildungsplans das fällt.
Nicht zuletzt bekommen Auszubildende auch in der Berufsschule einen guten Einblick, was Mitschülerinnen und Mitschüler in ihren Betrieben machen. Wer dann das Gefühl hat, dass der eigene Betrieb ziemlich rückwärtsgewandt ausbildet, kann zum Beispiel im Schulunterricht sehr intensiv damit auseinandersetzen, was die anderen machen und sich weiterbilden.
Im schlimmsten Fall, „wenn ich wirklich denke, ich habe einen Missgriff getan“, können sich Azubis auch an die Kammerorganisation ihres Berufs wenden, so Hackel. Dann lässt sich besprechen, ob es nicht doch einen anderen Betrieb gibt, in dem man die Ausbildung fortsetzen kann.
Eine Übersicht zu den für 2022 angepassten Ausbildungsberufen gibt es auf der Webseite des BIBB.
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