Die Luftqualitätsgrenzwerte in Deutschland sind im vergangenen Jahr nach vorläufiger Auswertung erneut nahezu überall eingehalten worden. „Das ist zunächst sehr erfreulich“, sagte der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner. Dennoch sei der Schutz der Gesundheit nicht ausreichend sichergestellt.
Die geltenden Grenzwerte für Feinstaub wurden dem UBA zufolge deutschlandweit im fünften Jahr in Folge eingehalten. Der Jahresmittelgrenzwert für Stickstoffdioxid wurde voraussichtlich noch an zwei verkehrsnahen Messstationen in München und Essen überschritten - damit ist eine Stadt weniger betroffen als im Vorjahr. Hauptquelle für Feinstaub und Stickstoffoxide ist nach Angaben des Umweltbundesamts der Straßenverkehr.
Trotz der Fortschritte müsse berücksichtigt werden, dass die geltenden Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid vor mehr als 20 Jahren festgelegt worden seien und nicht den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprächen, sagte Messner.
Der Jahresmittelgrenzwert für Stickstoffdioxid liege in Deutschland zum Beispiel bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft - die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehle mittlerweile einen Grenzwert von 10 Mikrogramm pro Kubikmeter. Diesen strengeren Richtwert hielten rund drei Viertel aller Messstationen vor allem in Ballungsräumen und Städten nicht ein, wie es vom UBA hieß.
Angesichts der veröffentlichten UBA-Zahlen schlug die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Alarm. „Atmen ist in Deutschland fast flächendeckend gesundheitsschädlich“, sagte der Bundesgeschäftsführer der DUH, Jürgen Resch. Die Bundesregierung müsse die gesetzlichen Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid schnellstmöglich an die Empfehlungen der WHO anpassen.
Die EU-Kommission hatte im Oktober vergangenen Jahres bekanntgegeben, den Jahresgrenzwert für Feinstaub bis 2030 um mehr als die Hälfte senken zu wollen. Trotz besserer Luftqualität sind im Jahr 2020 nach Angaben der EU-Umweltagentur EEA annähernd 240.000 Menschen in der EU durch die Belastung der Luft in ihrer Umgebung mit Feinstaub vorzeitig gestorben.
Schadstoffe in der Luft stellten die größte von der Umwelt ausgehende Gesundheitsgefahr dar. Herzkrankheiten und Schlaganfälle seien am häufigsten die darauf zurückgehende Todesursache, gefolgt von Lungenkrebs und anderen Lungenkrankheiten, erklärte die EEA.
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