Sonderangebote im Supermarkt: Fallen die Prozentangaben weg? | FLZ.de

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Veröffentlicht am 31.10.2024 15:56

Sonderangebote im Supermarkt: Fallen die Prozentangaben weg?

Aldi Süd kassiert im Streit um irreführende Angebote eine Niederlage vor Gericht. (Foto: Andreas Arnold/dpa)
Aldi Süd kassiert im Streit um irreführende Angebote eine Niederlage vor Gericht. (Foto: Andreas Arnold/dpa)
Aldi Süd kassiert im Streit um irreführende Angebote eine Niederlage vor Gericht. (Foto: Andreas Arnold/dpa)

Die Kunden lieben sie: Rabatte. Ob für Obst, Kaffee, Süßwaren oder Milchprodukte: Bei ausgeschriebenen Preisreduzierungen von 20 Prozent und mehr greifen sie besonders gern zu. Auf welchen Preis müssen sich die Prozentangaben in der Werbung beziehen? Mit dieser Frage hat sich nun das Landgericht Düsseldorf beschäftigt. Hintergrund war eine Klage der Verbraucherzentrale gegen Aldi Süd. 

Das Ergebnis: Der Discounter muss Sonderangebote künftig teilweise anders kennzeichnen als bisher. Die Höhe von Rabatten soll sich auf den niedrigsten Preis der vergangenen 30 Tage beziehen, nicht auf den letzten Verkaufspreis. So ist es bis zuletzt von vielen Händlern praktiziert worden, auch von Aldi Süd. Dies sei ein Verstoß gegen die 2022 in Kraft getretene Preisangabenverordnung, sagte der Vorsitzende Richter der 8. Kammer für Handelssachen, Wilko Seifert. „Bei Preiswerbung sind Verbraucher am leichtesten zu verwirren. Deshalb muss sie klar und eindeutig sein.“ 

Das Gericht folgte damit einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Aldi Süd verliert den Rechtsstreit. „Wir akzeptieren die Auffassung des Gerichts“, sagte eine Sprecherin des Unternehmens. Ob eine Berufung gegen die Entscheidung geplant ist, sei noch unklar. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig. 

Kritik: Verbraucher werden irregeführt

In dem konkreten Fall ging es unter anderem um Preiswerbung für Bananen, die von Aldi Süd für 1,29 pro Kilo angeboten worden waren. Angegeben war ein Rabatt von 23 Prozent. Das Handelsunternehmen hatte den niedrigsten Preis der vergangenen 30 Tage - ebenfalls 1,29 Euro - in seiner Werbung im Kleingedruckten zwar genannt. Die Höhe des Rabatts bezog sich allerdings auf den letzten Verkaufspreis von 1,69 Euro. 

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sah darin eine unzulässige Preisschaukelei. Verbraucher würden irregeführt, weil die Bananen drei Wochen zuvor schon mal genau so viel gekostet haben. Moniert wurde auch eine andere Art der Werbung von Aldi Süd. Der Discounter hatte Ananas für 1,49 Euro als „Preishighlight“ gekennzeichnet. Dabei lag der Stückpreis nur wenige Wochen vorher sogar 10 Cent niedriger. 

Das Verfahren vor dem Landgericht war im Mai 2023 unterbrochen worden. Die Richter legten den Fall dem EuGH vor, um die rechtliche Auslegung zu klären. Der bestätigte die Argumentation der Verbraucherschützer weitestgehend. Wer mit Ra­bat­ten werbe, müsse diese auf Grund­la­ge des nied­rigs­ten Prei­ses innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tage be­rech­nen, so das Urteil (C-330/23). Diesen Preis zu nennen genügt nicht. Dadurch würden Händler daran gehindert, den Verbraucher irrezuführen, indem sie den Preis vor Bekanntgabe einer Ermäßigung erhöhten „und damit gefälschte Preisermäßigungen ankündigen“. 

Was hat das Urteil für Folgen?

Das Urteil dürfte nicht nur für Aldi Süd Konsequenzen haben. Der Handelsverband Deutschland (HDE) erwartet negative Folgen. „Am Ende sind das schlechte Nachrichten für Händler und Kunden“, sagte der HDE-Bereichsleiter Recht und Verbraucherpolitik, Peter Schröder. Die Möglichkeiten des Handels, in Geschäften mit Sonderangeboten zu werben, würden eingeschränkt. Deshalb werde es künftig weniger Preisaktionen geben. „Das durchschnittliche Preisniveau werde sich in der Folge für alle Kunden erhöhen.“

Erste Auswirkungen ließen sich bereits nach dem EuGH-Urteil Ende September beobachten. Viele Lebensmittelhändler hätten daraufhin ihre Kommunikation umgestellt und bei Sonderangeboten auf Preisgegenüberstellungen und Prozentangaben verzichtet, sagte Handelsexperte Carsten Kortum. So sei nur noch der Werbe- und kein Ursprungspreis genannt worden. „Für die Kunden gehen hier natürlich wertvolle Informationen verloren, die Ersparnis ist nicht zu erfassen“, so der Professor der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn. Dass es weniger Preisreduzierungen gibt, glaubt er jedoch nicht. Der Handel könne auf Promotions nicht verzichten

Robert Briske, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz bei der Kanzlei Osborne Clarke, erwartet, dass Werbung transparenter und ehrlicher werden könnte. „So wurden zuletzt vielfach Rabatte ausgeschrieben, die es so eigentlich gar nicht gab.“ Dennoch sieht er auch mögliche Nachteile für den Handel. „Rabatte haben eine starke psychologische Wirkung. Wenn diese mindestens 20 Prozent betragen, kaufen die Menschen mehr.“ Spürbare Konsequenzen hat das Urteil möglicherweise bereits an den Tagen rund um den Black Friday, der in diesem Jahr auf den 29. November fällt. Kortum und Briske gehen davon aus, dass sich nur ein Teil der Händler an die Entscheidung gebunden fühlt. Andere würden es vermutlich darauf ankommen lassen. 

Das Urteil des Gerichts gilt zwar grundsätzlich für alle Handelsunternehmen, betrifft aber nun erst einmal hauptsächlich Aldi Süd. Im Wiederholungsfall droht dem Discounter ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. „Die anderen haben sozusagen einen Versuch frei“, sagt Briske.

In einem ähnlichen Fall hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Mitte Oktober auch den Onlinehändler Amazon abgemahnt. Dessen Reduzierungen bezogen sich demnach nicht auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage, sondern auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers (UVP) beziehungsweise auf einen mittleren Verkaufspreis.

© dpa-infocom, dpa:241031-930-275778/1


Von dpa
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