Stifte, T-Shirts, Duftkerzen, Batterien, Hausschuhe: Diese und andere Artikel bewirbt der Discounter Action in seinen aktuellen Angeboten. Nichts Spektakuläres, eher viel Gewöhnliches - damit ist das niederländische Unternehmen jedoch ziemlich erfolgreich.
Die sogenannten Non-Food-Discounter wie Action, Woolworth, Tedi, Pepco und Kodi sind auf den Handel mit Gütern spezialisiert, die man nicht verzehren kann. Sie führen Haushalts- und Schreibwaren, Heimtextilien, Mode und Deko, Spielzeug und Multimedia, Freizeit- und Sportartikel.
Die Kunden kaufen solche Produkte immer häufiger bei diesen Ketten und weniger von den Wühltischen bei Aldi und Lidl, wie neue Zahlen des zu YouGov gehörenden Marktforschers Consumer Panel Services (CPS) GfK zeigen. Zwischen dem ersten Halbjahr 2022 und 2024 sind die Non-Food-Ausgaben der Verbraucher in Deutschland bei den Non-Food-Discountern demnach von 2,6 auf 3,2 Milliarden Euro gestiegen. Im gleichen Zeitraum sanken die Umsätze von Lebensmittel-Discountern wie Aldi und Lidl mit Non-Food von 4 auf gut 3,5 Milliarden Euro. Damit wurden sie von Action & Co. fast eingeholt.
Wie ist das zu erklären? „Die Non-Food-Discounter haben sich professionalisiert. Ihnen ist es gelungen, sich als ernstzunehmende Nahversorger zu etablieren“, sagt Handelsexperte Christian Koch von CPS GfK. Die Entwicklung sei auch auf die starke Expansion von Action, Tedi und anderen Händlern zurückzuführen. „Was Aldi und Lidl begonnen haben, perfektionieren die neuen Marktteilnehmer. Sie setzen auf ein deutlich breiteres Sortiment zu sehr niedrigen Preisen“, sagt Werner Reinartz, Professor für Marketing an der Universität zu Köln. Bei der sich regelmäßig ändernden Produktauswahl bekämen die Kunden „ein Schatzsuche-Einkaufserlebnis“.
Die Unternehmen scheuen dabei auch etablierte Geschäftslagen nicht: So will etwa Tedi zum Weihnachtsgeschäft acht Interimsfilialen in ehemaligen Galeria-Standorten eröffnen. Die vorübergehenden Geschäfte sind in Darmstadt, Hildesheim, Reutlingen, Pforzheim, Kempten, Siegburg, Schweinfurt und Wuppertal geplant. Wie lange sie dort allerdings bleiben, ist offen. Eine „langfristige Nutzung“ schließt das Unternehmen allerdings nicht aus.
Die Inflation hat sich zuletzt zwar abgeschwächt, die Kauflaune ist aber weiterhin schlecht. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie des Handelsforschungsinstituts IFH achten die Verbraucher weiter stark auf Preise und Angebote. Das verschafft den Non-Food-Discountern Zulauf.
Action bietet 1.500 Artikel für weniger als einen Euro an, bei Tedi und Woolworth gibt es jeweils mehr als 3.000 für einen Euro oder weniger. „Damit werden die circa 30 Prozent der Haushalte in Deutschland mit Budgetrestriktionen und ihren Bedürfnissen gut angesprochen. Das Preismotiv steht im Vordergrund des Einkaufs“, sagt der Handelsexperte Carsten Kortum. Der Professor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn war mehrere Jahre bei Lidl in leitender Position im Einkauf für den Bereich Non-Food zuständig.
Aufgrund der Wirtschaftslage seien auch Käuferschichten bereit, Discountware auszuprobieren, die vorher keinen Zugang dazu fanden, sagt ein Woolworth-Sprecher. Beim Discounter KiK entfällt inzwischen die Hälfte des Sortimentes auf Non-Food. Der Anteil soll ausgebaut werden. Kunden seien hier deutlich weniger preissensibel, sagte KiK-Chef Patrick Zahn im August vor Mitgliedern der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung in Düsseldorf.
Laut Kortum mischt vor allem Action das Non-Food-Geschäft in Deutschland auf. Der Umsatz pro Filiale sei wesentlich höher als bei den anderen. Und das, obwohl Action weniger Produkte führt als Woolworth, Tedi oder KiK. Der Discounter hat 6.000 Artikel im Sortiment, nur ein Drittel davon dauerhaft. Jede Woche kommen 150 neue hinzu. So gebe es für Kunden immer etwas Neues zu entdecken, sagt Kortum. Neben Non-Food-Artikeln biete die Kette gezielt auch Güter des täglichen Bedarfs wie Reinigungsmittel, Hygieneartikel und Süßwaren an. Diese erhöhten die Einkaufsfrequenz, da sie Verbrauchs- und nicht Gebrauchsgüter seien und regelmäßig nachgekauft werden müssten.
Ein weiterer Vorteil von Discountern wie Action, Tedi und Woolworth: Kunden haben deutlich mehr Auswahl als bei Aldi und Lidl. Meist gibt es Eigenmarken, vereinzelt auch Markenprodukte. Die Ketten haben unterschiedliche Schwerpunkte, manche setzen stärker auf Haushalt oder Deko, andere auf Textilien, Heimwerkerbedarf, Garten oder Möbel. Einige haben auch eine kleine Auswahl an haltbaren Lebensmitteln im Angebot.
Können die Unternehmen bei diesen niedrigen Preisen gewährleisten, dass unter vertretbaren Bedingungen produziert wird? Man nehme das Lieferkettengesetz ernst und verlange von Lieferanten, die Mindeststandards in Bereichen wie Zwangsarbeit, Gesundheit, Sicherheit, Entlohnung und Arbeitszeiten zu erfüllen, teilt Action mit. „Unser Qualitätsteam kontrolliert unsere Produkte streng hinsichtlich der Einhaltung der vorgegebenen Grenzwerte“, erklärt Tedi. Die anderen äußern sich ähnlich.
Die Discounter liefern sich bei ihrer Expansion einen Wettlauf. Action zählt aktuell 2.700 Filialen in Europa, 550 in Deutschland. Bis 2026 möchte man bis zu 1.400 neue Standorte eröffnen. Tedi hat hierzulande 1900 seiner 3.200 Märkte. Mittelfristiges Ziel seien 5.000. Woolworth will ebenfalls wachsen. Derzeit gibt es 750 Geschäfte, die meisten in Deutschland. Europaweit möchte man in den kommenden Jahren ein Filialnetz aus rund 5.000 Standorten aufbauen, heißt es. Dieselbe Marke peilt auch KiK an. Aktuell hat das Unternehmen 4.200 Geschäfte, 2.400 davon in Deutschland.
Für Aldi und Lidl ist der Verlust von Marktanteilen im Bereich Non-Food schmerzhaft. Die Produkte, die zweimal pro Woche beworben werden, bescherten den Discountern jahrelang höhere Kundenfrequenzen und Margen. Laut Kortum sind die je nach Warengruppe bis zu doppelt so hoch wie bei Lebensmitteln. Auch andere Händler kämpfen darum, sich im Non-Food-Geschäft zu behaupten. Tchibo beklagte kürzlich eine sinkende Nachfrage bei Gebrauchsartikeln, die Deko-Kette-Depot meldete im Juli Insolvenz an.
Die Lebensmittel-Discounter suchen nach der richtigen Strategie im Umgang mit der Konkurrenz. Lidl ging zuletzt voll auf Attacke, im Juli griff das Unternehmen Action in einer Werbekampagne frontal an. Darin wurde der eigene Weißlack mit dem des Konkurrenten verglichen. Der Preis war gleich, aber Lidl wollte zeigen, dass das eigene Produkt besser ist. In der Branche wurde das kontrovers diskutiert. Handelsexperten sind überzeugt, dass Lidl sich damit keinen Gefallen getan hat. Für Action sei dies ein Ritterschlag gewesen, sagt Kortum.
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