Nach dem Spielabbruch stapften Torhüter Manuel Riemann und seine Kollegen stocksauer die Treppe zu den Kabinen runter.
Der Becherwurf-Eklat und das jähe Ende der Partie gegen Borussia Mönchengladbach sorgte beim VfL Bochum für Entsetzen. „Das ist peinlich und nicht akzeptabel“, sagte Co-Trainer Markus Gellhaus später.
In der 68. Minute war Schiedsrichterassistent Christian Gittelmann von einem Getränkebecher am Kopf getroffen worden, der von einer Tribüne mit hauptsächlich Bochumer Fans geworfen wurde. Schiedsrichter Benjamin Cortus unterbrach daraufhin sofort die Partie.
Später teilte der Stadionsprecher mit, dass die Partie abgebrochen wird. Schiedsrichter Cortus sagte später bei DAZN zu seiner Entscheidung: „Bei einem tätlichen Angriff auf einen Spieloffiziellen, in dem Fall den Schiedsrichter-Assistenten, ist ein Spielabbruch einfach alternativlos.“
Zu diesem Zeitpunkt stand es 2:0 (0:0) für Gladbach - so dürfte das Spiel auch gewertet werden. So war es auch im April 2011 nach einem ähnlichen Vorfall bei der Begegnung zwischen dem FC St. Pauli und dem FC Schalke 04.
Es sei „nicht zu entschuldigen so eine Aktion“ und der Spielabbruch „vollkommen verständlich“, urteilte Gellhaus und gab Einblick ins Gefühlsleben seiner Profis: „Da sitzt natürlich der Frust der Spieler tief. Klar, die wollen das im sportlichen Wettkampf klären. Man hätte hier was reißen können, was mitnehmen können und dann wird es so abrupt beendet das Spiel.“
Gittelmann hatte sich immer wieder die schmerzende Stelle am Kopf gerieben. Nach dem Vorfall zog sich das Schiedsrichter-Gespann in die Katakomben des Stadions zurück. Es folgten kurz darauf auch die Gladbacher Spieler. Torhüter Riemann war unmittelbar nach der Unterbrechung zu der Tribüne gerannt, hatte in Richtung der Anhänger gebrüllt und energisch versucht, auf sie einzuwirken.
„Als erstes können wir uns nur in aller Form entschuldigen für den Vorfall“, sagte Bochums Sportdirektor Sebastian Schindzielorz im Streamingdienst DAZN. Er wünschte Gittelmann, der nach Bochumer Vereinsgaben zu Untersuchungen in ein Krankenhaus gebracht wurde, gute Besserung und bedauerte die Geschehnisse. „Es ist natürlich sehr, sehr schade: Es ist das erste Mal, dass wir wieder vor 25.000 Zuschauern spielen können und das Spiel keinen sportlichen Ausgang findet“, sagte der Sportdirektor.
„Es macht kein gutes Bild, das muss man ganz klar sagen. Das gehört sich nicht. Es ist einfach ärgerlich, das muss man ganz klar sagen“, erklärte Gladbachs Sportchef Roland Virkus, der Gittelmann auch gute Besserung wünschte. „Ich denke, es wird gewichtige Gründe gegeben haben, das Spiel abzubrechen, sonst hätten sich die Schiedsrichter nicht so entschieden“, befand Gladbachs Co-Trainer Christian Peintinger.
Mit Durchsagen hatte der Stadionsprecher schon zuvor immer wieder darauf hingewiesen, dass die Zuschauer das Werfen von Gegenständen unterlassen sollten. Es wirkte nicht. „Ihr schadet nicht nur euch, ihr schadet anderen und ihr schadet unserem Club“, sagte der Stadionsprecher.
Zunächst sangen die Fans beider Vereine noch, je länger die Unterbrechung dauerte, desto stiller wurde es im Stadion. „Es ist natürlich anzunehmen, dass das Spiel gegen uns gewertet wird“, sagte Gellhaus.
Vor 25.000 Zuschauern im Ruhrstadion hatten Alassane Pléa in der 55. Minute und Breel Embolo (61.) die Tore für die Gäste erzielt. Als der Abbruch feststand, gingen die Gladbacher zu ihren Fans in die Gästekurve und verabschiedeten sich mit Applaus von ihren Anhängern, ehe sie wieder in ihre Kabine gingen.
Schon vor dem Anpfiff hatte das Spiel für ein Kuriosum gesorgt: Beide Teams wurden von ihren Co-Trainern gecoacht. Gladbachs Trainer Adi Hütter und sein Bochumer Kollege Thomas Reis fehlten wegen Corona-Infektionen. Hütter wurde an der Seitenlinie von Christian Peintinger vertreten, bei den Bochumern war Markus Gellhaus verantwortlich.
Die Borussia hatte zuletzt im Kampf gegen den Abstieg einen wichtigen 2:0-Heimsieg gegen Hertha BSC gefeiert. Allerdings begann die Borussia fahrig und produzierte durch ungenaues Spiel zu viele Fehlpässe, um die Bochumer unter Druck zu setzen. Vielmehr entwickelte sich ein Kampfspiel, in dem sich beide Teams an Intensität und Einsatz nichts schenkten.
Torszenen blieben selten. Die beste Chance in den ersten 45 Minuten für einen Treffer hatte Bochums Armel Bella-Kotchap (37.), dessen Kopfball Gladbachs Schlussmann Yann Sommer mit einem tollen Reflex parierte.
Die Gastgeber, die zuletzt mit 1:2 bei Eintracht Frankfurt verloren hatten, starteten mit weiteren Großchance in die zweite Hälfte. Sebastian Polter schoss nach einer scharfen Hereingabe von links aus Nahdistanz aufs Tor, doch wiederum war der Schweizer Sommer mit einer Glanzparade Endstation.
In der hitzigen Partie war es aber die Borussia, die in Führung ging. Nach einer Ecke von Luca Netz war Plea in der 55. Minute im Strafraum völlig frei und schoss den Ball volley mit der Innenseite ins Bochumer Tor. Nur sechs Minuten später vollendete Embolo einen Konter zum Gladbacher 2:0.
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