Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz will Kanzler Olaf Scholz und dessen SPD mit einem klaren Bekenntnis zur Rente mit 67 im Bundestagswahlkampf Wind aus den Segeln nehmen. „Wir brauchen ein gesetzliches Renteneintrittsalter. Und dieses gesetzliche Renteneintrittsalter sollte bei 67 bleiben“, sagte der CDU-Vorsitzende beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Halle in Sachsen-Anhalt trotz eines einstimmigen Beschlusses des Unions-Nachwuchses für massive Änderungen in der Rentenpolitik. Der Unionsfraktionschef versicherte: „Nein, es wird keine Rentenkürzung in Deutschland geben.“
Wichtigste Zielgruppe im Wahlkampf seien für ihn die leistungsbereiten Arbeitnehmer, sagte Merz. „Ohne die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland werden wir keine Bundestagswahl gewinnen“, fügte er hinzu. CDU und CSU müssten auf die Leistungsträger schauen, „die den Laden am Laufen halten“, rief der CDU-Chef und ergänzte: „Das ist die wichtigste Wählergruppe für uns.“ Auch dies dürfte vor allem in Richtung SPD zielen, die sich bislang immer als die Partei der Arbeitnehmer verstanden hat.
Merz stimmte die rund 300 Delegierten mit einer teils einer Regierungserklärung gleichenden Rede auf die elf Monate bis zum regulären Wahltermin am 28. September 2025 ein. Auf den Tag genau sei er seit 1.000 Tagen Parteichef, sagte er. Die Union sei in den 75 Jahren seit Bestehen des Grundgesetzes nur dreimal Opposition gewesen. „Einmal 13 Jahre, einmal sieben Jahre und jetzt sind es drei. Dreieinhalb wäre gut.“ Er ergänzte unter dem Jubel der JU: „Wir sind fest entschlossen, diese Zeit hinter uns zu lassen in der Opposition und wieder Regierungsverantwortung für Deutschland zu übernehmen.“
Der Parteinachwuchs hatte den Oppositionsführer schon vor seiner Rede minutenlang gefeiert. Auf der riesigen Leinwand hinter ihm wurde in voller Breite ein Schriftzug mit dem in weiß gehaltenen Wort „Kanzler“ auf schwarz-rot-goldener Deutschlandfahne gezeigt. Nach der Rede holte Merz zahlreiche JUler auf die Bühne, die neben „Kanzler“-Plakaten weiß-blaue Schilder mit der Aufschrift „Merz 2025“ in die Höhe hielten. Die Inszenierung erinnerte teils an den US-Wahlkampf.
Der Kanzlerkandidat warb bei der Jungen Union für seinen Kurs in der Rentenpolitik. Wer früher in Rente gehen wolle, müsse akzeptieren, dass es größere Abschläge gebe, sagte Merz. Wer dagegen später in Rente gehen wolle, „der muss gute Anreize bekommen, länger zu bleiben und länger zu arbeiten“. Verständige man sich auf diesen Weg, „dann nehmen wir den Sozialdemokraten jedes Potenzial, gegen uns eine infame Kampagne zu führen, die da lautet: Mit der CDU und Merz wird es in Deutschland Rentenkürzungen geben“, ergänzte er.
Die JU hatte kurz vor dem Merz-Auftritt einstimmig einen Leitantrag beschlossen, in dem sie massive Änderungen in der Rentenpolitik fordert, um eine Überlastung der jungen Generation zu vermeiden. Um das umlagefinanzierte Rentensystem zu stärken und bei einer immer höheren Lebenserwartung das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenbeziehern zu korrigieren, „ist eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung erforderlich“, heißt es in dem Beschluss.
Zudem dürfe die sogenannte doppelte Haltelinie in der Rentenpolitik nicht über das Jahr 2025 hinaus verlängert werden, verlangt die JU. Die „Haltelinie“ garantiert ein Mindest-Rentenniveau von 48 Prozent sowie einen maximalen Beitragssatz von 20 Prozent. „Für eine faire Verteilung der Lasten unter den Generationen sollte wieder die frühere Grenze für das Rentenniveau von 43 Prozent gelten“, verlangt der Unionsnachwuchs.
In einer Fragerunde versicherte Merz, er werde sich nicht für eine Liberalisierung des Paragrafen 218 zu Schwangerschaftsabbrüchen einsetzen. Ein Verbände-Bündnis hatte Mitte Oktober einen Entwurf zur Legalisierung von Abtreibungen vorgelegt. Dieser sieht vor, Schwangerschaftsabbrüche in den ersten 22 Wochen außerhalb des Strafgesetzbuchs zu regeln und die Gesetzesparagrafen, auf denen die Strafbarkeit beruht, abzuschaffen.
Deutschland könne derzeit einen solchen „gesellschaftlichen Großkonflikt nicht brauchen“, warnte Merz. Der geltende Kompromiss stelle zwar nicht jeden zufrieden. Man dürfe aber den gesellschaftlichen Frieden bei diesem Thema „nicht aufs Spiel setzen“. Eine Abtreibung ist in Deutschland nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs grundsätzlich rechtswidrig, aber nicht strafbar, wenn sie innerhalb der ersten zwölf Wochen stattfindet und die Frau sich zuvor hat beraten lassen. Ohne Strafe bleibt ein Abbruch zudem, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung vorgenommen wird.
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