München (dpa/tmn) - Sogenannte Elefantenrennen kennen die meisten, die auf Autobahnen unterwegs sind: Ein Lkw benötigt gefühlte Ewigkeiten auf der linken Spur, bis er an anderen Lastern vorbeigezogen ist. Da braucht es Geduld von allen, die währenddessen dahinter feststecken.
Gut zu wissen: Solche Überholmanöver sind eigentlich nur erlaubt, wenn der Überholende mit wesentlich höherem Tempo als der Überholkandidat fährt.
Ein Verstoß ist in der Regel dann anzunehmen, wenn die Differenzgeschwindigkeit weniger als 10 km/h beträgt, teilt der ADAC mit. Doch wie weist man das nach? Ein Gerichtsbeschluss zeigt: Beruht der Vorwurf auf den Angaben eines Zeugen, muss genau erörtert werden, auf welcher Grundlage der eigentlich die Überholzeit eingeschätzt hat. Ein Gefühl allein reicht dann nicht aus, so ein Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts, auf den der Automobilklub in dem Zusammenhang hinweist. (Az.: 202 ObOWi 90/24)
In dem Fall wurde einem Lkw-Fahrer vorgeworfen, mit seinem Sattelzug auf der Autobahn zwei vor ihm fahrende Fahrzeuge zu langsam überholt zu haben. Für das Manöver hat er nach Angaben eines Polizisten, der die Situation beobachtet hatte, mehr als eine Minute benötigt, wodurch sich der dahinter rollende Verkehr staute. Bei einer Differenzgeschwindigkeit von 10 km/h hätte der Überholvorgang den Angaben zufolge nur 45 Sekunden gedauert.
So lautete der Vorwurf an den Mann, einen zu geringen Tempounterschied beim Überholen gehabt zu haben. Zudem hätte er beim Wiedereinscheren auf die rechte Spur den Mindestabstand nicht eingehalten.
Was folgte, war ein Bußgeldbescheid in Höhe von 200 Euro und ein Monat Fahrverbot. Der Betroffene bestritt die Vorwürfe und legte Einspruch ein. Doch das Amtsgericht in erster Instanz verurteilte den Lkw-Fahrer zunächst, wogegen er eine Rechtsbeschwerde einlegte - mit Erfolg.
Das Bayerische Oberste Landesgericht gab der Beschwerde statt. Dessen Ansicht nach wurde nicht hinreichend klar bewiesen, dass die Ordnungswidrigkeiten begangen wurden. Es wurde demnach nicht dargelegt, wie der Zeuge - ein Polizist in einem Streifenwagen - die Schätzung vorgenommen habe. Eine rein gefühlsmäßige Einschätzung reicht nicht aus.
Der Polizist hätte laut ADAC genau darlegen müssen, wie er zu der Annahme kam. Beispielsweise, in dem er erörtert hätte, von wo an er gezählt und ob er Markierungszeichen oder andere objektivierbare Zeitkomponenten genutzt hat. Der Fall ging deshalb zurück an das Amtsgericht. Auch beim Abstandsverstoß müsste eine erneute Prüfung erfolgen, entschied das Landesgericht.
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