Lastenrad light gegen Aufgeld: Das Stadtrad Canyon Citylite | FLZ.de

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Veröffentlicht am 18.12.2025 00:08

Lastenrad light gegen Aufgeld: Das Stadtrad Canyon Citylite

Das Canyon Citylite mit Tiefeinsteiger-Rahmen: ein Stadtrad mit Ladeoptionen. (Foto: Stefan Weißenborn/dpa-tmn)
Das Canyon Citylite mit Tiefeinsteiger-Rahmen: ein Stadtrad mit Ladeoptionen. (Foto: Stefan Weißenborn/dpa-tmn)
Das Canyon Citylite mit Tiefeinsteiger-Rahmen: ein Stadtrad mit Ladeoptionen. (Foto: Stefan Weißenborn/dpa-tmn)

Uralte Ideen sind manchmal ziemlich gut: Schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts fuhren sie umher, Fahrräder mit Weidenkörben vor dem Lenker oder ausladenden Gepäckträgern vorn und hinten. Man nannte sie irgendwann Bäckerfahrrad, weil damit frische Backwaren zu den Kunden gebracht wurden. In Anlehnung an die Geschichte taufte etwa der Hersteller Bergamont eines seiner Modelle Bakery Expert.

Und auch, dass man manche Modelle mit Fahrradkörben an Heck und Front bestücken kann, lässt sich in dieser Tradition sehen, das Citylite von Canyon zählt dazu. Der Koblenzer Hersteller und Direktversender ist vor allem für sportliche Fahrräder bekannt. Ob Bahnradsport oder Mountainbike-Rennen, ob Siege bei der Tour de France oder Paris-Roubaix - die Fahrradmarke Canyon verbindet man vor allem mit Sport und Sporterfolgen.

Das Citylite aber ist mit der aufrechten Sitzposition und diversen Zubehöroptionen, die den Alltag im Sattel erleichtern sollen, ein Stadtfahrrad durch und durch.

  • Der Einsatzzweck: Indem er Urbanbikes ins Portfolio aufnahm, wollte Hersteller Canyon „sein sportliches Know-how auf den wachsenden Markt urbaner Mobilität übertragen“. Erste Räder in diese Richtung kamen 2014 auf den Markt. Das Citylite ist das neueste. Zielgruppe seien „Stadtfahrer, die Komfort, Einfachheit und Stil ohne Motorunterstützung bevorzugen“, so Canyon. Für den Weg zur Arbeit, zum Sport oder auch den Markteinkauf sei das Citylite konzipiert. Für spontanes Auf- und Absteigen ist vor allem die Tiefeinsteigerversion mit dem stark abgesenkten Oberrohr geeignet. 
  • Die Technik: Der Anspruch an die Alltagstauglichkeit spiegelt sich in den Komponenten wider. Statt einer Kette überträgt ein Riemen die Pedalkraft aufs Hinterrad. So ist Kettenschmiere an den Hosenbeinen ausgeschlossen und der Wartungsaufwand reduziert, da eben nichts geschmiert werden muss. Ebenfalls pflegeleicht ist die verbaute Achtgang-Nabenschaltung Nexus von Shimano. Die breite Übersetzungsbandbreite, wie sie Kettenschaltungen zum Beispiel bei Trekkingbikes bieten, darf man aber nicht erwarten. Man benötigt sie im Stadtdschungel aber auch weniger.Ein Selbstläufer ist die LED-Beleuchtung. Das Vorderlicht ist im Lenker integriert, das hintere unter dem Gepäckträger. Das sieht nicht nur stylish-dezent aus, sondern verspricht in Verbindung mit dem Nabendynamo im Vorderrad auch mehr Verlässlichkeit. Sobald man losfährt, gehen die Lampen an. Das Problem, Akkus wie bei portabler Beleuchtung nachzuladen zu müssen, besteht nicht. Aber das Licht ist, da fest verbaut, nicht an anderen Rädern einsetzbar.Wie es sich für ein Alltagsrad gehört, sind Schutzbleche, Ständer und Rahmenschloss vorhanden. Wichtig für Eltern und weiteren Transportbedarf: Auch für Fahrradanhänger ist das Citylite freigegeben. 
  • Der Fahreindruck: Aufrecht sitzend fährt man umher, die Arme und Hände kann man entspannt auf den nach hinten gekrümmten Lenkerenden ruhen lassen, was fast Hollandrad-Feeling heraufbeschwört. Was Sportler mit steigendem Tempo allein wegen des Luftwiderstands immer mehr stören würde, ist auf einem viel langsamer bewegten Cityrad ein Vorteil: Man hat gute Übersicht übers Verkehrsgeschehen, der Schulterblick fällt mit geradem Rücken auch leichter.Das Citylite lässt sich wendig manövrieren und bremst dank hydraulischer Scheibenbremsen gut ab, die Bremskraft aus zwei Kolben lässt sich über die Lenkerhebel gut dosieren und genügt den Fahrdynamiken im urbanen Alltag; an sportlicheren Rädern sind zum Vergleich oft die kernigeren Vier-Kolben-Lösungen verbaut.Auf jegliche Federungselemente wie Federgabel, gefederte Sattelstütze oder gar Rahmendämpfer (an Highend-Cityrädern zu finden), verzichtet Canyon. Aber was am Bike verbaut ist, genügt in vielen Situationen im Stadtverkehr auch: Der gepolsterte Sattel liefert im Zusammenspiel mit den 47 Millimeter breiten Reifen einen hinreichenden Fahrkomfort. Doch auf Kopfsteinpflaster, in mancher Altstadt durchaus Teil des Radleralltags, reichen der steife Alu-Rahmen und auch die dank Carbon-Werkstoff etwas flexiblere Gabel die härteren Schläge doch an Handgelenke und Allerwertesten weiter. 
  • Weitere Bauteile, Zubehör, Peripherie: Zwar ist er ein Extra, doch der Fahrradkorb von Basil (39,95 Euro) ist am Citylite fast schon elementar - zumindest, will man in der Bäckerrad-Tradition unterwegs sein. Dank Adapterlösung (MIK) lässt sich die Kiste aus recyceltem Kunststoff mit einem Handgriff am Gepäckträger einklinken und mit einem Schlüssel gegen Diebstahl sichern. Alternativ lässt sich dank der patentierten Befestigungslösung ein Kindersitz ebenfalls werkzeuglos anbringen.Soll ein Basil-Korb auch vor dem Lenker an Bord sein, muss zunächst am Steuerrohr ein Frontrack (49,95 Euro) angeschraubt werden, das die Kiste trägt. Ausgelegt ist das Rack für eine Last von 10 Kilogramm.Kleine Unstimmigkeit: Die Kiste vorn verdeckt zum Teil das Frontlicht, die Streben des Korbs finden sich im Lichtkegel auf der Straße wider. Lösen ließe sich das Problem mit einem höheren Vorbau, der so vom Hersteller aber nicht vorgesehen ist.Mit beiden Kisten an Bord erhöht sich das Gewicht des Citylite (15,9 Kilogramm in Größe M) zwar um 2,1 Kilo, wer aber Markteinkäufe, die Laptoptasche oder sonstiges Alltägliches transportiert, schaut ohnehin nicht auf jedes Kilo. Die Überlegung könnte eine andere sein: für müheloseres Radeln zur E-Bike-Variante greifen, doch das entsprechende Citylite:ON kostet doppelt so viel wie die nicht-motorisierte Version.Praktisch für den urbanen Alltag, zudem leider auch das Diebstahlrisiko zählt, ist die Zusatzkette (44,95 Euro; 1,14 Kilo), mit der sich das Abus-Rahmenschloss erweitern und das Fahrrad nicht nur ab-, sondern auch an feste Gegenstände anschließen lässt. Und wer weitere 19,95 Euro in die Achsmutterkupplung aus dem Canyon-Zubehör investiert, kann auch Fahrradanhänger der Marke Cruiser durch die Straßen ziehen. 
  • Der Preis: 1.499 Euro kostet das Citylite, egal ob mit Tiefeinsteiger-Rahmen (bis 1,80 Meter Körpergröße) oder klassischem Rahmen (bis 1,95 Meter Körpergröße; etwas weiter nach vorn geneigte Sitzposition). Mit Zubehör, das auf die von Canyon behauptete Alltagseignung einzahlt, ist man aber schnell 100 bis 200 Euro mehr los. 
  • Das Fazit: Man kann es so sehen: Mit den Kisten an Bord bekommt das Citylite die Qualität eines Lastenrads - zumindest ein bisschen. Die herstellerseitig erlaubte Zuladung kommt zwar längst nicht in die Dimensionen eines waschechten Cargobikes mit großer Transportkiste, das oft zentnerweise belastet werden kann, dafür ist das Canyon wendiger. Ob seine Kapazitäten im Alltag genügen, ist eine Frage der individuellen Bedürfnisse.

© dpa-infocom, dpa:251217-930-438219/1


Von dpa
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