Im Kampf gegen die Energiekrise will die EU-Kommission Genehmigungen für viele Solaranlagen deutlich beschleunigen. Diese sollten innerhalb von maximal einem Monat bewilligt werden, wie aus einem am Mittwoch vorgestellten Vorschlag für ein Notfallgesetz hervorgeht. Für Wärmepumpen schlägt die Brüsseler Behörde eine Genehmigungsfrist von höchstens drei Monaten vor. Das Gesetz soll ein Jahr gelten und muss von den EU-Staaten gebilligt werden, bevor es in Kraft treten kann.
„Die heutigen Vorschläge können bereits in den kommenden Monaten etwas bewirken und Bürgern und Unternehmen direkt zugutekommen“, sagte EU-Energiekommissarin Kadri Simson.
Projekte mit erneuerbaren Energien würden durch das Gesetz als im „überragenden öffentlichen Interesse“ gelten. Somit wären etwa Windparks von bestimmten Umweltschutzregeln ausgenommen und vor Gericht schwerer anfechtbar. Bei kleinen Solarpaneelen und Solaranlagen etwa auf Dächern oder Parkplätzen würden bestimmte Umweltprüfungen entfallen. Beim Ausbau oder der Renovierung bestehender erneuerbaren Energieanlagen - etwa der Ausstattung von Windparks mit moderneren Windrädern - dürfte die Genehmigung inklusive Umweltprüfung maximal sechs Monate dauern.
Die EU-Kommission hatte im Frühling bereits langfristige Gesetzesänderungen vorgeschlagen, um Ökostromanlagen schneller zu genehmigen und ihren Ausbau anzukurbeln. Darüber verhandeln derzeit das Europaparlament und die EU-Staaten. Der neue Vorschlag soll angesichts der gestiegenen Energiepreise nur vorübergehend gelten.
Bei Umweltschützern stieß das Vorhaben auf Kritik. Die Aushebelung des EU-Naturschutzrechts sei völlig inakzeptabel, erklärte Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Der Vorschlag betrifft demnach wichtige Prinzipien des Artenschutzes, etwa die Vogelschutzrichtlinie. „Das Vorgehen der EU-Kommission ist höchst fragwürdig“, sagte Bandt.
Das Europäische Umweltbüro (EEB) kritisierte, die Notverordnung schaffe rechtliche Unsicherheit, da sie nur ein Jahr gelte und nicht mit den längerfristigen Gesetzesplänen im Einklang stehe. „Insgesamt scheinen die Vorschläge aus einer rechtlichen Perspektive weder angemessen, noch verhältnismäßig zu sein“, sagte Laura Hildt vom EEB.
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