„Das Brot ist Bombe. Das Fleisch hat Power. Die Soße ballert rein“: Wenn der Influencer Can F. Kennedy auf Tiktok seine Bewertungen für Döner-Buden abgibt, dann ist das kurz und knackig. Seit mehr als einem Jahr futtert er sich durch Berlins Döner-Imbisse - und zwar nicht irgendwelche: „Ich teste alle Döner in U-Bahnhöfen oder direkt daneben in ganz Berlin“, verspricht der Kameramann, der seine Videos auch auf anderen Plattformen wie Youtube zeigt.
Auf Tiktok, Youtube & Co. tummeln sich unzählige Testesser mit zum Teil großen Fangemeinden. Viele reisen quer durch Deutschland und auch weiter, immer auf der Suche nach dem besten Döner. „Viele von ihnen rennen eigentlich immer zu denselben Läden, die gerade gehypt werden“, sagt Can F. Kennedy. Er wolle es anders machen und den Zuschauern Imbisse zeigen, die auch gut erreichbar seien. „Was nützt es mir als Berliner, wenn ich weiß, dass es den besten Döner in Gelsenkirchen gibt?“, fragt er.
Der 42-Jährige, der seinen bürgerlichen Namen nicht preisgeben möchte, hat sich viel vorgenommen: Berlins U-Bahnnetz hat 175 Bahnhöfe. Die Linien U6, U7, U8 und U9 hat er schon erkundet. Jetzt steht die U5 auf dem Plan, die zwischen Hauptbahnhof und Hönow verkehrt. „Ich war zuvor noch nie in meinem Leben in Hönow. Das war wie eine kleine Weltreise“, sagt der Tester. Die Fahrten seien immer auch ein wenig Bildungsreise und Sightseeing. Doch kulinarisch habe das östliche Ende der U5 wenig zu bieten, so sein Fazit.
Die Höchstpunktzahl - 10 - habe er noch keinem Döner verliehen. Immerhin eine 8,8 gab es für den Imbiss Elbis am U-Bahnhof Berliner Straße in Wilmersdorf. „Ursprünglich und traditionell, so wie man Döner kennt noch von alten Tagen. Die wichtigste Zutat komme nicht - wie in den meisten Fällen - vom Hackfleischspieß, sondern sei reines Kalbfleisch. Die besten Döner auf den jeweiligen Linien zeichnet der Influencer jeweils auch mit einer Urkunde aus. Der Döner von Elbis gehört in diesem Jahr dazu.
Inhaber Süleyman Sahin hat schon 2023 eine Urkunde für einen zweiten Platz bekommen. Da sein Laden gleich an der U7 und U9 liegt, hatte er die Chance, zweimal bewertet zu werden. Die Test-Videos, die auch auf Plattformen wie etwa Youtube laufen, haben sein Geschäft ordentlich angekurbelt, wie er sagt. „Ich muss jetzt immer mehr Fleisch bestellen, damit ich auch abends noch Döner verkaufen kann“, sagt der Inhaber.
Döner, die überwiegend aus Hackfleisch bestehen, haben bei Can F. Kennedy keine Chance auf mehr als 8 Punkte, wie er sagt - es sei denn, sie hätten noch etwas Individuelles, wie etwa selbst gebackenes Brot oder eine spezielle Soße. „Dann besteht die Chance, die 8-Punkte zu durchbrechen“, erklärt der Influencer. Bessere Chancen hätten sogenannte Yaprak-Döner, bei denen schieres Fleisch verwendet werde. Aber auch hier müsse das Fleisch gut gewürzt sein und schmecken. Man könne auch hier so einiges falsch machen.
Neben dem Essen fließen bei Can F. Kennedy auch das gesamte Ambiente und die Freundlichkeit in die Bewertung ein. Oft schnitten die inhabergeführten Geschäfte deutlich besser ab als solche, in denen Angestellte anzutreffen seien. „Wenn das ein Familienbetrieb ist und die Mutter vielleicht hinten das Brot bäckt und der Sohn noch aushilft, dann ist da viel mehr Liebe und Herzblut drin und dann schmeckt man das auch“, so der Tester.
Der Einfluss von Posts und Videos von Testern könne enorm sein, sagt Michael Kuriat, Gastronom und Experte für Marketing und Social Media. „Die reinen Follower-Zahlen sind nicht wirklich aussagekräftig. Wenn ein Dönerladen markiert wird und die Beiträge geteilt werden, kann so etwas unglaubliche Reichweiten erzielen“, so Kuriat.
Für die sogenannte Generation Z, also junge Menschen, die nach 1995 geboren wurden, sei Tiktok oft die wichtigste Informationsquelle, wenn es um Restaurants und Imbisse gehe. „Die suchen nicht mehr bei Google. Da werden die Läden über Tiktok gesucht und es wird geschaut, was andere darüber gesagt haben. Daraufhin fällt die Entscheidung, ob man da auch hingeht“, so Kuriat.
Can F. Kennedy sagt, er habe für Social Media auch andere Dinge probiert, etwa das kulinarische Angebot bei Hertha-Spielen am Olympiastadion oder auf einer Messe für pflanzliche Ernährung. Doch nichts von alledem habe die Reaktionen auf seine Döner-Tests getoppt. „Döner, das ist halt ein einfaches Essen für jedermann. Und jeder hat eine Meinung dazu“, sagt er. „Die Menschen essen viel Döner und es wird gefühlt auch immer mehr.“
Der Döner, der in Berlin erfunden wurde, sei aber längst nicht mehr nur Fast Food. „Er hat sich entwickelt und wird heute selbst im „Adlon” angeboten“, betont Mehmet Çam, Sprecher des Vereins türkischer Dönerhersteller in Europa (ATDID), mit Blick auf das Berliner Luxushotel. Der Verein geht davon aus, dass europaweit zuletzt etwa 400 Tonnen Döner pro Tag produziert wurden und beziffert die Zahl der Beschäftigten in der Branche auf circa 60.000. Die Döner-Branche erziele in Deutschland jährlich etwa 2,4 Milliarden Euro Umsatz, europaweit circa 3,5 Milliarden Euro.
Laut Portal Statista führt Berlin unter Deutschlands Metropolen das Döner-Ranking an. 2022 gab es in Berlin rund 18 Dönerläden pro 100.000 Einwohner. Knapp dahinter, mit rund 17 Dönerläden pro 100.000 Einwohner, folgten Dresden und mit rund 16 Läden pro 100.000 Einwohner Nürnberg. Dönertester Can F. Kennedy hat sich vorgenommen, künftig auch Dönerläden in anderen deutschen Städten zu testen. Aber zunächst muss er noch in Berlin U-Bahn fahren, denn ihm fehlen noch einige der neun Linien.
© dpa-infocom, dpa:241014-930-259619/1