Lächelnd zog Gianni Infantino den goldenen Zettel mit der Aufschrift „Brazil“ aus dem Umschlag. DFB-Präsident Bernd Neuendorf und seine Mitbewerber für die WM der Frauen 2027 verfolgten am Rand vor der Bühne des Kongresssaals von Bangkok enttäuscht und regungslos den ersten lauten Jubel der erfolgreichen Konkurrenz. Statt in Deutschland, Belgien und den Niederlanden wird die Weltmeisterschaft in gut drei Jahren in Brasilien stattfinden.
Mit deutlichem Abstand scheiterte die gemeinsame Bewerbung der Europäer bei der Vergabe durch die Mitgliedersammlung des Weltverbands mit 78:119 der gültigen Stimmen. Nach der Heim-EM der Männer in diesem Sommer wird es damit nicht so schnell wieder ein großes Fußballfest in Deutschland geben. Der Deutsche Fußball-Bund war zuletzt 2011 Ausrichter einer WM der Frauen.
„Glückwunsch an Brasilien, das war ein fairer Wettbewerb“, sagte DFB-Präsident Neuendorf, „So ist es im Sport, man kann gewinnen und verlieren. Ich glaube, wir haben alles gegeben.“ Die Entscheidung habe keine Auswirkungen auf die Bemühungen in den drei Ländern, den Frauenfußball zu stärken. „Den Weg werden wir weitergehen“, sagte Neuendorf.
Das Konzept der kurzen Wege und eines nachhaltigen Turniers verfing nicht bei der deutlichen Mehrheit der Mitgliedsverbände der FIFA. Ob es für die WM 2031 einen neuen Anlauf geben soll, ließ Neuendorf offen. „Das werden wir in Ruhe beurteilen und bewerten“, sagte der DFB-Chef der Deutschen Presse-Agentur. „Wir werden uns sicherlich noch einmal zusammensetzen und auch mit der UEFA sprechen. Das sind keine Dinge, die man jetzt ad hoc festlegen oder verkünden sollte, aber wir werden schauen, wie wir mit dem Ergebnis umgehen.“ Die Konkurrenz wäre groß: Die USA und Mexiko hatten ihre Bewerbung vor dem Kongress zurückgezogen und einen neuen Anlauf für 2031 angekündigt.
Der brasilianische Verbandschef Ednaldo Rodrigues äußerte sich „euphorisch“ nach dem Zuschlag: „Ich fühle eine Menge Emotionen, wir wussten, dass es schwer werden würde. Aber wir wussten, dass wir vereint erfolgreich sein würden.“ Infantino sagte - wieder einmal - seine Phrase der „besten WM aller Zeiten“.
Erstmals in der Geschichte des Weltfußballs findet eine Weltmeisterschaft der Frauen in Südamerika statt. Das Finale steigt im legendären Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro, wo das deutsche Männer-Nationalteam 2014 Weltmeister wurde. Die Brasilianer betonten in ihrer Bewerbung immer wieder ihre Erfahrung mit großen Turnieren. Hätte das europäische Trio sich durchgesetzt, wäre in drei Jahren länderübergreifend in insgesamt bis zu 13 Städten gespielt worden. Als deutsche Spielorte wären Dortmund, Düsseldorf, Gelsenkirchen und Köln vorgesehen gewesen.
DFB-Präsident Neuendorf und die deutsche Delegation hatten in den vergangenen Tagen in Bangkok noch versucht, das Stimmungsbild zu drehen. Die brasilianische Bewerbung war international favorisiert worden, auch weil sie im FIFA-Evaluationsbericht leicht besser bewertet worden war. In der Bewerbung der Europäer bestünde „eine Reihe von rechtlichen Risiken“, hieß es in dem Report. Auch die kleineren Stadien fielen negativ ins Gewicht. Wie Neuendorf warb auch DFB-Sportdirektorin Nia Künzer an der Seite der niederländischen Ikone Clarence Seedorf auf der Kongressbühne noch in letzter Minute um Stimmen - vergebens.
Noch vor der WM-Vergabe stand ein politisch brisantes Thema auf der Agenda - doch zu einer Abstimmung über einen Ausschluss Israels kam es nicht. Der Weltverband ließ einen entsprechenden Antrag des palästinensischen Verbands auf ein Votum der 211 Mitgliedsverbände nicht zu. Vorausgegangen waren emotionale Wortbeiträge beider Seiten zum Gaza-Krieg.
Infantino kündigte an, dass unabhängige Rechtsberater ein Gutachten erstellen soll, das FIFA-Council soll in einer außerordentlichen Sitzung des FIFA-Councils vor dem 20. Juli dazu tagen. „Wir haben im Council drüber diskutiert, dass es möglicherweise ein gutes Verfahren ist, das Thema im Council nochmal zu beraten“, sagte Neuendorf, der selbst dem Top-Gremium der FIFA angehört. „Deshalb bin ich mit dem Ergebnis zufrieden.“
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