Die Teillegalisierung von Cannabis macht der Justiz in Bayern viel Arbeit. In mehr als 6200 eigentlich abgeschlossenen Verfahren mussten Gerichte entscheiden, ob eine bereits verhängte Strafe nach der Gesetzesänderung angepasst werden muss. Das teilte das bayerische Justizministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in München mit. In mehr als 3500 Verfahren sei eine Entscheidung bereits ergangen, beim Rest stehe sie noch aus (Stand: 15. Juni 2024).
„Der Zusatzaufwand durch das Cannabis-Gesetz ist für die Justiz enorm. Die Bundesregierung belastet die Justiz unnötig, statt sie zu entlasten“, sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU).
Allein in Bayern hätten die Staatsanwaltschaften rund 41.500 Papierakten händisch durchsehen müssen. „Bei Tätern, die gleichzeitig wegen weiterhin strafbaren Verhaltens verurteilt wurden (sogenannte Mischfälle), müssen die Strafen teils in komplizierten Verfahren neu verhängt werden“, sagte Eisenreich.
Nach Angaben des Justizministeriums mussten (Stand 15. Juni) inzwischen 33 Gefangene aus bayerischen Gefängnissen entlassen werden, weil ihre Strafe vor dem Hintergrund der Gesetzesänderung neu bewertet werden musste. Darunter war nach Angaben der Staatsanwaltschaft München I auch ein Arzt, der Cannabis verschrieben und damit gegen zur Tatzeit noch geltendes Recht verstoßen hatte.
„Wir gehen davon aus, dass die Freigabe zu einer Steigerung des Konsums von Cannabis und – trotz Eigenanbaus und Anbauvereinigungen - zu einem Wachsen des Schwarzmarkts führen wird“, sagte Eisenreich. „Durch das Cannabisgesetz wurden auch die Ermittlungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt. Es schadet damit der inneren Sicherheit und macht Deutschland auch für Organisierte Kriminalität attraktiver. Die Niederlande sind ein mahnendes Beispiel für schwere Fehler in der Drogenpolitik.“ Er erwartet außerdem „eine Zunahme der Verfahren wegen Fahruntüchtigkeit im Verkehr“.
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