Manche Filme stellen sich nachträglich als das Werk heraus, das einem Schauspieler den endgültigen Durchbruch brachte. Für den US-Amerikaner Caleb Landry Jones könnte das „DogMan“ sein. Im neuen Film von Luc Besson läuft der 33-Jährige in einer facettenreichen, völlig verrückten Rolle zur Höchstform auf - in einem so eigenartigen wie großartigen Film.
„DogMan“ ist ein märchenhaftes Krimi-Drama über einen Außenseiter namens Doug, der in einem Käfig mit Hunden aufgewachsen ist. Als Erwachsener sitzt er im Rollstuhl, lebt völlig vereinsamt mit einem Rudel Hunden in einer verlassenen Schule, betätigt sich mit Hilfe seiner Tiere als Krimineller und tritt nebenher als Drag-Künstler auf.
Eine recht abwegige Erzählkonstruktion, mit der Luc Besson ein Risiko eingeht. Vor allem, weil die letzten Filme des einstigen Star-Regisseurs („Léon – Der Profi“) eher mäßige Kritiken bekommen haben. Und Besson in den vergangenen Jahren zudem mit einem Vergewaltigungsvorwurf konfrontiert war. 2023 stellte Frankreichs höchstes Gericht das Ermittlungsverfahren dazu ein.
Sein letzter, nicht besonders positiv aufgenommener Film erschien 2019. Besson stand gewissermaßen in der Pflicht, sich zu beweisen. Und das ist ihm gelungen - auch wenn „DogMan“ zweifelsohne nicht jeden Geschmack treffen wird.
Die Ausgangskonstellation des Filmes: Doug wird nach einer Reihe von Verbrechen festgenommen und von einer Psychiaterin befragt. Im Laufe des Films erzählt er ihr sein Leben.
Caleb Landry Jones ist herausragend. Seine eindringliche Performance als schillernder Außenseiter zwischen Wahnsinn und Verlorensein brachte ihm schnell Vergleiche mit Joaquin Phoenix in „Joker“ ein.
Man könnte ihm endlos zusehen. Wie er sich nach einer Drag-Performance sein Make-up entfernt und sich leicht demoliert ein Lächeln abringt. Wie er eingehüllt in eine Wolldecke mit leicht zittriger Stimme seinen Hunden vorliest. Wie er in absoluter Verzweiflung aus dem Innersten heraus brüllt, nachdem er erfahren hat, dass seine Jugendliebe ein Kind von jemand anderem erwartet.
Doug ist vieles zugleich. Liebevoll und aggressiv, einsam und aufgehoben. Als Kind wuchs er in einer brutalen, armen Familie auf - der deutsche Schauspieler Clemens Schick spielt übrigens seinen gewalttätigen Vater.
Neben seinen Hunden versteht er sich als Erwachsener aber auch mit einigen Nachbarn gut. Eines Tages lässt er seine Hunde einen Gangster einschüchtern, weil dieser eine Freundin bedroht. Das hat böse Folgen. Der Film entwickelt sich vom Sozialdrama nun immer mehr zum Krimi mit brutalen Szenen.
Der Humor kommt aber nicht zu kurz. In Szenen, wenn Dougs Hunde ihm etwa beim Backen oder bei seinen Einbrüchen helfen - sie also zu den Menschen werden, als die Doug sie ohnehin betrachtet -, wirkt es, als würde „DogMan“ sich ein bisschen über sich selbst lustigmachen.
Vor allem eine Szene ragt heraus. Bei seiner ersten Drag-Performance wuchtet sich Doug aus seinem Rollstuhl, um im gleißenden Licht des Clubs Edith Piafs „La Foule“ zu synchronisieren. Für die Länge eines Songs schaffe er es ohne Rollstuhl, sagt er. Und erschafft sich in den folgenden Minuten zuckend und schließlich im Takt wiegend eine neue Identität.
Nur in der Kunst fühlt sich Doug, der gerne Shakespeare zitiert, aufgehoben. „DogMan“ ist kein subtiler Film, sondern zelebriert das Theatrale. Darauf muss man sich einlassen können. Und wird dafür mit einem schillernden Stück Kino belohnt.
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