Betriebsratschef Michael Brecht hat die Sparziele des Nutzfahrzeugherstellers Daimler Truck kritisiert und als unrealistisch bezeichnet. „Wenn man sich Ziele setzt, dann müssen die Ziele zwar anspruchsvoll, aber letztendlich auch erreichbar sein“, sagte Brecht am Hauptsitz des Dax-Konzerns in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart.
Angesichts der Inflation und vieler gegenläufiger Entwicklungen sei das sehr schwierig. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, seine Fixkosten, Investitionen und Ausgaben für Forschung und Entwicklung bis 2025 im Vergleich zu 2019 um 15 Prozent zu senken. „Dass man diese Zahl so erreicht, halte ich für nicht realistisch“, sagte Brecht.
Es gebe einen extremen Druck zur Reduzierung der Fixkosten, sagte Brecht. Im Fokus stünden etwa die Kosten für die Verwaltung und den Vertrieb. Beim Vertrieb gehe es darum, dass bestimmte Prozesse entfallen sollen. Bestimmte Umfänge, die heute in Deutschland gemacht werden, wolle das Unternehmen in Länder mit niedrigeren Kostenstrukturen verlagern, zum Beispiel nach Rumänien. Wenn es nicht um Veränderungen in den Abläufen, sondern um reine Verlagerungen gehe, schaue der Betriebsrat besonders genau hin, so Brecht.
„Natürlich brauchen wir eine ordentliche Umsatzrendite, natürlich müssen wir an der Resilienz (Widerstandsfähigkeit) des Unternehmens arbeiten“, sagte Brecht. Aber: Als Betriebsrat sei für ihn nicht immer entscheidend, ob auch der letzte Prozentpunkt bei den Sparzielen erreicht wird. „Für mich ist entscheidend: Tun wir jetzt die richtigen Dinge, damit wir dann auch wirklich ein funktionierendes Unternehmen am Markt haben?“
Das Unternehmen habe eine sehr gute Entwicklung genommen. Zuletzt lag die operative Marge im Industriegeschäft - also ohne Finanzdienstleistungen - bei 9,8 Prozent. „Vor einigen Jahren hätten wir alles dafür gegeben, so was zu erreichen“, sagte Brecht.
„Die klare Forderung lautet: Wir wollen eigene Technologien haben“, sagte Brecht mit Blick auf die Zukunft. Geld sei genügend da. „Wir haben ausreichend finanzielle Mittel.“ Es gebe viele Bereiche, wo das Unternehmen deutlich mehr investieren müsste. Zum Beispiel bei der Forschung und Entwicklung. Ob elektrifizierter Antriebsstrang oder Batterietechnologien: Daimler Truck müsse deutlich mehr tun, um sich zu differenzieren. Bei den Batterien etwa bestehe eine hohe Abhängigkeit von chinesischen Unternehmen. Es könne nicht der Anspruch des Unternehmens sein, für die Konkurrenzfähigkeit wichtige Technologien zuzukaufen.
Schon länger fordert Brecht eine eigene Batteriezellenproduktion in Deutschland. Zuletzt hatte Daimler Truck angekündigt, in einem Gemeinschaftsunternehmen zusammen mit Partnern in den USA Batteriezellen produzieren zu wollen. Das liege laut Brecht vor allem am sogenannten Inflation Reduction Act (IRA). Beim IRA handelt es sich um ein milliardenschweres US-Subventionsprogramm.
Ohne Förderung werde eine Batteriezellenfabrik in Deutschland schwierig zu realisieren sein. In Ländern wie etwa Ungarn sei es einfacher, eine Förderung zu erhalten. Brecht kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Schuldenbremse der Bundesregierung. Deutschland habe eine vergleichsweise niedrige Verschuldungsquote. Da müsse man sich schon überlegen, ob man nicht etwas mehr Schulden machen könne und sich dafür langfristig Technologien und eine Infrastruktur aufbaut, die weltweit mithalten können.
Mit Blick auf das Geschäftsjahr 2024 sagte Brecht: „Ich glaube schon, dass der Wind in Summe noch etwas rauer wird.“ Das Erfolgsjahr 2023 lasse sich nicht einfach auf 2024 übertragen.
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