Sie zählen zu den beliebtesten Terrarientieren. Und das ist kein Wunder - denn Schildkröten leben lang, sind ruhig und das ideale Haustier für alle mit Tierhaarallergie. Aber: „Auf die Haltung eines solchen Tieres muss man sich sehr sehr gründlich vorbereiten“, sagt Patrick Boncourt, Experte für Exoten beim Deutschen Tierschutzbund.
Das gilt sowohl für den Kauf eines Frühbeetes oder Gewächshauses über die technische Ausstattung mit Heizgebläse und UV-Licht bis zur verantwortungsbewussten Überwinterung und richtigen Ernährung. Wer eine Schildkröte kaufen will, sollte zudem einen verantwortungsvollen Züchter oder ein Tierheim aufsuchen und sich beraten lassen.
Das Wichtigste vorweg: Die in Deutschland üblicherweise gehaltene Griechische Landschildkröte ist ein Einzelgänger und definitiv kein Haustier für Kinder, so Boncourt. Und: „Wer seine Schildkröte artgerecht halten will, braucht unbedingt einen Garten“, sagt Autorin Svenja Wilms („Landschildkröten. So geht es deinen Tieren gut“).
Die Tiere brauchen das UV-Licht der Sonne, um gesund wachsen zu können. Und: Die wechselnden Tag- und Nachttemperaturen sind wichtig für einen natürlichen Aktivitätszyklus. Eine reine Terrarienhaltung ist laut Boncourt mittlerweile als tierschutzwidrig anerkannt und daher gar nicht mehr zulässig.
Wie muss das Schildkrötengehege sein? Eine allein lebende Landschildkröte braucht laut dem Deutschen Tierschutzbund mindestens zehn Quadratmeter Bodenfläche. Auch die Strukturierung des Geheges ist entscheidend, sagt Wilms.
Neben verschiedenen Sonnenmöglichkeiten braucht sie auch flache Wasserstellen mit Bademöglichkeit, Höhlen und eine üppige Bepflanzung zum Verstecken, Grabmöglichkeiten, Äste, Steine und Wurzeln. Als Bodensubstrat eignet sich ein Gemisch aus Kalksteinschotter und Erde.
In das Gehege sollte ein Frühbeet oder Gewächshaus integriert werden, um die Schildkröten auch bei schlechtem Wetter im Freiland halten zu können. „Statt eines Frühbeetes für Kopfsalat vom Discounter sollte man sich für ein speziell zugeschnittenes Schildkrötenfrühbeet entscheiden, mit Wänden, die UV-durchlässig sind“, rät Boncourt.
Die Plattenstärke sollte mindestens 10 Millimeter betragen. Bei einer Größe von ein mal einem Meter müsse man mit mindestens 1000 Euro Kosten rechnen. Svenja Wilms zufolge braucht man auch einen automatischen Frühbeet-Öffner, der an heißen Tagen dafür sorgt, dass der Deckel aufgeht.
Der Vorteil eines Gewächshauses: Die Schildkröte hat auch an regnerischen oder stürmischen Tagen genug Platz, um sich ausreichend zu bewegen. In jedem Fall müssen verschiedene warme Bereiche geschaffen werden, dazu auch ein Schlafbereich mit Schlafhaus, das kühl und leicht feucht ist. Wurzeln, Steine und Pflanzen sorgen dafür, dass sich das Tier wohlfühlt.
Die Bodentemperatur sollte laut Tierschutzbund 22 bis 28 Grad, die Lufttemperatur lokal 28 bis 30 Grad betragen. An mindestens einer Stelle sollte es eine lokale Bodenerwärmung bis 34 Grad geben, empfiehlt Svenja Wilms. Ein Temperaturgefälle muss ein Wechseln in verschiedenen Zonen ermöglichen.
Nachts sei eine Absenkung auf 17 bis 20 Grad nötig. Neben der Temperatur spielen aber auch Luftfeuchte und Sonneneinstrahlung für das Wohlergehen des Tieres eine große Rolle, sagt Patrick Boncourt. So sollte etwa die Luftfeuchtigkeit 50 bis 70 Prozent betragen.
Ohne zusätzliche Wärme- und Lichtquelle geht es nicht. Das Angebot ist vielfältig und reicht von Heizkabeln und Heizmatten für das Schlafhaus über Strahler bis zu UV- und Wärmelampen, die sich durch Zeitschaltuhren oder einen Thermo-Timer steuern lassen.
Brennen sollten die Lampen Svenja Wilms zufolge tagsüber für mehrere Stunden, im Sommer je nach Bedarf kürzer. Ab Mitte November sollten die Lampen jeden Tag eine Stunde weniger brennen und von Dezember bis Februar dann ganz aus sein.
Es ist wichtig, sich genau zu informieren, um die individuell beste Lösung für das Gehege zu finden, sagt Patrick Boncourt. Falsches Licht kann für die Tiere gefährlich werden. Und: Zu wenig Sonneneinstrahlung beziehungsweise UV-Licht kann zu Krankheiten führen.
„Der größte Fehler, den man bei der Haltung machen kann, fängt bei der Ernährung an“, sagt der Experte für Exoten. Landschildkröten sind Vegetarier und benötigen ballaststoffreiches, nährstoffarmes Futter. Am besten Wildpflanzen, die idealerweise auch noch wild im Gehege wachsen.
Geeignet sind Löwenzahn, Lattich- und Milchdistelarten, Giersch, Brennesseln, Schmetterlings- und Lippenblütengewächse. Dazu kommen Knospen, Blüten, Samenkapseln und Wurzeln vieler Pflanzen und die Blätter von Obstbäumen oder auch Himbeer-, Hibiskus- oder Rosenbüschen. Die Schildkröte braucht zudem Calcium - das bekommt sie etwa durch Sepiaschalen.
Zwischen November und März müssen Landschildkröten ab dem ersten Lebensjahr Winterruhe einhalten - idealerweise bei 4 bis 6 Grad in einer stabilen Umgebungstemperatur. „Das Einwintern ist sehr komplex und zeitaufwendig“, sagt Patrick Boncourt.
Im September beginnt man, das Tier langsam und schrittweise um ein bis zwei Grad über mehrere Wochen herunterzukühlen. Bereits im August sollte man vom Tierarzt eine Kotprobe auf Parasiten überprüfen lassen, damit bei Bedarf rechtzeitig die Medikamente gegeben und verstoffwechselt werden können.
Für eine Überwinterung gibt es mehrere Optionen. Ein Kühlschrank stellt für den Biologen eine der besten Lösungen dar, weil sie für Anfänger besser zu kontrollieren ist. Dafür setzt man das Tier in eine Haushaltsbox mit arretierbarem Deckel, in den man Luftlöcher bohrt.
Die Box bedeckt man mit Erde und legt Buchenlaub darauf, so Svenja Wilms. Der Behälter muss immer feucht gehalten und der Kühlschrank für Frischluft ein- bis zweimal täglich geöffnet werden. Patrick Boncourt rät, gelegentlich das Gewicht zu kontrollieren. Gewichtsverlust könne ein Zeichen für eine ernsthafte Erkrankung sein.
Alternativ kann man zur Überwinterung im Freigehege eine tiefe, mäusesichere Grube schaffen, die mit Erde gefüllt ist und in die sich die Tiere selbst eingraben können. „Das ist für mich die natürlichste und somit artgerechteste Möglichkeit, weil sich die Tiere selbstständig auf die Winterstarre vorbereiten und auch an diesem Ort starren können“, sagt Svenja Wilms.
Im März verlassen die Tiere ihre Grube oder müssen aus dem Kühlschrank wieder in ihr Gehege gesetzt und langsam an höhere Temperaturen gewöhnt werden. Nach der monatelangen „Pause“ beginnt für Schildkrötenfreunde dann endlich wieder die schöne Zeit des Beobachtens.
„Das macht für mich ja das Faszinierende an den Tieren aus“, sagt Svenja Wilms. „Natürlich sind sie keine Kuscheltiere, aber man kann beim Beobachten viel lernen und ganz viele Unterschiede in ihrem Wesen und ihrem Verhalten entdecken.“
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