Der kriselnde Volkswagen-Konzern gerät immer stärker unter Druck. Zum zweiten Mal in weniger als drei Monaten muss der Konzern seine Prognose kappen, weil VW dieses Jahr doch nicht so viele Autos verkaufen wird wie erhofft. Vor allem bei der ohnehin stark angespannten Kernmarke VW Pkw läuft es den Angaben zufolge schlechter als erwartet, aber auch die leichten Nutzfahrzeuge und die eigene Zuliefersparte schwächeln.
Statt eines Anstiegs der Auslieferungen um bis zu 3 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert von 9,2 Millionen Fahrzeugen rechnen die Wolfsburger nun nur noch mit rund 9 Millionen Verkäufen, wie sie nach Börsenschluss mitteilten. Der bisher angepeilte Umsatzanstieg um bis zu 5 Prozent über die im vergangenen Jahr erlösten 322 Milliarden Euro hinaus ist damit ebenfalls hinfällig - nun dürften es nur noch 320 Milliarden Euro Umsatz werden.
Volkswagen steckt in einer schweren Krise und kündigte zuletzt einen drastischen Sparkurs an. Bei der Kernmarke hatte VW die seit Jahrzehnten bestehende Beschäftigungssicherung kassiert, betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen stehen zur Debatte. Wie viele Arbeitsplätze es treffen wird, ist aber noch unklar. Zuletzt hatten auch Mercedes-Benz, BMW und die VW-Sportwagentochter Porsche ihre Erwartungen an das Geschäftsjahr eindampfen müssen. Den Zulieferern geht es oft noch schlechter.
Auch die Profitabilität erwartet Konzernchef Oliver Blume nun schwächer: Er taxiert das operative Ergebnis auf 18 Milliarden Euro und damit auf eine operative Ergebnismarge von rund 5,6 Prozent. Zuletzt war das Unternehmen von 6,5 bis 7,0 Prozent Umsatzrendite ausgegangen. Bereits im Juli hatte VW wegen erwarteten Kosten für das auf der Kippe stehende Audi-Werk in Brüssel die Ergebnisprognose gesenkt. Die im Dax notierte Volkswagen-Vorzugsaktie verlor auf der Handelsplattform Tradegate 2,9 Prozent zum Xetra-Schlussstand.
Die Probleme der Branche sind breit gefächert: Vielen Autobauern fällt die Schwäche auf dem einstigen Wachstumsmarkt China auf die Füße. VW Pkw verlor auf dem wichtigsten Automarkt der Welt vergangenes Jahr nach Jahrzehnten die Marktführerschaft, weil chinesische Elektroautobauer wie der neue Platzhirsch BYD den Deutschen mit günstigen Elektroautos den Kampf angesagt hatten. Mercedes, BMW und der Sportwagenbauer Porsche leiden darunter, dass die wohlhabenden Chinesen derzeit mit der Immobilienkrise im Land zu kämpfen haben und daher stärker aufs Geld achten. In Europa läuft derzeit das Geschäft mit Elektroautos schlecht, in das die Autobauer viele Milliarden investiert haben.
© dpa-infocom, dpa:240927-930-245778/2