Nach seinem Zittersieg in Imola wischte sich Max Verstappen mit einem weißen Handtuch den Schweiß von der Stirn. Nach Problemen in der Schlussphase mit den Reifen und der Batterie an seinem Red Bull schleppte sich der dreimalige Formel-1-Weltmeister mit nur 0,725 Sekunden Vorsprung vor McLaren-Verfolger Lando Norris förmlich ins Ziel.
Mit Mühe und Not rettete Verstappen an der Ayrton-Senna-Gedenkstätte seinen Sieg-Hattrick beim Grand Prix der Emilia-Romagna und ächzte sich zu seinem fünften Saisonerfolg. „Das ganze Rennen über musste ich Vollgas geben, um einen Vorsprung herauszufahren. Auf den Medium-Reifen waren wir ziemlich stark, auf den harten Reifen war es schwieriger vor allem in den letzten 10 bis 15 Runden“, beschrieb Verstappen einen Grand Prix, der erst gegen Ende an Dramatik gewann. „Ich hatte irgendwann keinen Grip mehr und rutschte viel. Ich sah, dass Lando näher kam. In den letzten 10 Runden war ich völlig am Ende.“
Verstappen bewies aber auch unter Druck seine Meisterklasse und wuchtete später die Siegertrophäe euphorisch in die Höhe. Charles Leclerc schaffte es zur Freude der Tifosi beim Ferrari-Heimspiel als Dritter noch auf das Podium. Im Haas verpasste Nico Hülkenberg bei seiner Imola-Premiere als Elfter die Punkteränge nur knapp.
Im Mittelpunkt standen aber Verstappen und Norris, der vor zwei Wochen noch überraschend von Norris in Miami geschlagen worden war. „Es tut mir weh, das zu sagen, aber mit ein oder zwei Runden mehr hätte ich ihn gehabt“, befand der McLaren-Jäger, der weiteres Selbstvertrauen sammeln konnte. „Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir mit Freude sagen können, dass wir in der Position von Ferrari und Red Bull sind.“
Verstappen, der an diesem Wochenende mal wieder auch als Sim-Racer an einem virtuellen Rennen teilnahm, quälte sich bis in die Qualifikation. Die Fahrzeugabstimmung gelang ihm und Red Bull einfach nicht. In der Startplatzjagd war das Weltmeister-Gespann aber auf den Punkt da. Verstappen holte sich die siebte Pole Position dieser Saison, saisonübergreifend war es sogar seine achte.
Damit stellte Verstappen den Rekord von Senna aus den Jahren 1988 und 1989 ein. „Es ist etwas ganz Besonderes, weil es 30 Jahre her ist, dass er starb. Ich freue mich sehr, hier die Pole Position zu holen“, sagte Verstappen nach der 39. Pole seiner Karriere und führte das Feld dann auch lange souverän an.
„Es ist schwierig, wenn die Reifen nicht mehr funktionieren und man mit Vollgas fahren muss. Ich konnte mir nicht viele Fehler leisten, zum Glück haben wir keine gemacht“, meinte Verstappen erleichtert nach der Zieldurchfahrt. „Das war eine echte starke Fahrt“, lobte ihn Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Motorsportberater Helmut Marko befand: „Eine unglaubliche Leistung von Max, der absolut fehlerfrei gefahren ist.“
Für emotionale Momente noch vor dem Start sorgte Sebastian Vettel, der mit einer Showfahrt der am 1. Mai 1994 in Imola ums Leben gekommenen Senna gedachte. Der Ende 2022 zurückgetretene viermalige Weltmeister pilotierte einen McLaren MP4/8 aus seinem eigenen Besitz. Diesen Wagen hatte Senna vor seinem Wechsel zu Williams gesteuert und darin auch seinen letzten Grand-Prix-Sieg 1993 gefeiert.
Als die Roten Ampeln erloschen, erwischte Hülkenberg einen starken Auftakt. Er verbesserte sich von Platz zehn gleich um zwei Ränge. Der Start ist eine der wenigen Gelegenheiten, um in Imola Boden gutzumachen.
An der Spitze absolvierte Verstappen, fast wie ein Metronom, konstante Rundenzeiten. Nach rund einem Viertel der 63 Runden hatte der Niederländer schon fünf Sekunden Vorsprung auf Norris, der wiederum die beiden Ferrari-Fahrer Leclerc und Carlos Sainz im Nacken hatte.
McLaren ging in die Offensive und holte Norris in der 23. Runde vorzeitig an die Box. Doch der Schachzug ging nicht auf. Der Engländer kam mit frischen Reifen direkt hinter Verstappens Red-Bull-Teamkollege Sergio Perez als Siebter zurück auf die Strecke. Zwei Runden später bekam Verstappen neue Pneus. Als Vierter noch vor Norris steuerte er seinen Wagen zurück. Hülkenberg hing derweil auf Position 13 fest.
Die Höhepunkte auf dem Asphalt blieben selten - nicht zuletzt ganz vorn. Dort gab Verstappen im Stil eines würdigen dreimaligen Weltmeisters ganze lange das Tempo vor. Nach zwei Dritteln Renndistanz lag der 26-Jährige mehr als sechs Sekunden vor Norris. Der McLaren-Star musste sich gegen Leclerc wehren, doch der Monegasse verlor bei einem Ausrutscher auf den Rasen wertvolle Zeit.
In der Schlussphase sorgte Verstappen für erhöhten Pulsschlag. „Meine Reifen funktionieren nicht“, klagte er über Funk seinem Renningenieur Gianpiero Lambiase. Der Vorsprung auf Norris schmolz und schmolz. Dann ging der Red-Bull-Batterie auch noch fast der Saft aus - doch Verstappen rettete sich über die Ziellinie.
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