Nach einem Treffen mit Vertretern der Ukraine starten die USA heute in Saudi-Arabien ihre neue Gesprächsrunde über eine begrenzte Waffenruhe mit Russland. Anschließend wollen die US-Unterhändler in einer Form von Pendeldiplomatie mögliche Wege zu einer Friedenslösung in der Ukraine ausloten. Nach einem Bericht der „New York Times“ könnte es je nach Verlauf weitere Gespräche mit der Ukraine geben. Die US-Vermittler verhandeln getrennt mit den Vertretern Moskaus und Kiews über Wege zum Frieden.
Die Ukraine bewertete die ersten Gespräche am Sonntagabend in der saudischen Hauptstadt Riad positiv. Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow schrieb auf Facebook: „Die Gespräche waren konstruktiv und informativ - wir haben wichtige Fragen erörtert, vor allem im Energiebereich.“ Die ukrainische Delegation habe von Präsident Wolodymyr Selenskyj den Auftrag erhalten, einen „ehrenhaften und dauerhaften Frieden“ für die Ukraine und für ganz Europa zu erreichen.
Bei den Verhandlungen in Saudi-Arabien soll es um mögliche Schritte zu einer Waffenruhe gehen. Als erste Maßnahme ist ein Verzicht auf Angriffe gegen Energieanlagen geplant, wobei die Ukraine auch andere Infrastrukturobjekte schützen will. Diese begrenzte Feuerpause war grundsätzlich schon bei einem Telefonat zwischen Kremlchef Wladimir Putin und US-Präsident Donald Trump abgemacht worden, jedoch ohne Details zur Umsetzung. Zuletzt überzogen sich die beiden Kriegsparteien mit massiven Drohnenangriffen.
Nach ukrainischer Darstellung geht es in Riad zunächst um technische Fragen. Es stünden Vorschläge zum Schutz von Energieanlagen und kritischer Infrastruktur auf der Tagesordnung, sagte Umjerow. „Heute arbeiten wir uns durch eine Reihe komplexer technischer Fragen - unserer Delegation gehören sowohl Energieexperten als auch militärische Vertreter der Marine- und Luftstreitkräfte an.“ Aus russischer Sicht soll es in Riad auch um eine Initiative zur sicheren Schifffahrt im Schwarzen Meer gehen, im Raum steht der US-Vorschlag einer Feuerpause für das Gewässer.
Selenskyj schrieb auf X: „Unser Team arbeitet völlig konstruktiv, und die Diskussion ist sehr nützlich. Die Arbeit der Delegationen geht weiter.“ Der ukrainische Präsident fügte hinzu: „Aber ganz gleich, worüber wir mit unseren Partnern sprechen, wir müssen Putin dazu drängen, tatsächlich einen Stopp der Angriffe anzuordnen: Wer auch immer diesen Krieg verursacht hat, muss ihn beenden.“
Die ukrainische Delegation wird angeführt von Umjerow. Russland wird in Riad durch den Außenpolitiker Georgi Karassin aus dem Föderationsrat und Geheimdienstler Sergej Besseda, einem Vertrauten von Kremlchef Putin, vertreten sein. Die USA sind in Saudi-Arabien mit mehreren Teams vertreten, zu denen neben dem Sondergesandten Keith Kellogg auch etwa US-Sicherheitsberater Mike Waltz gehören soll.
Selenskyj warf Moskau mit vor, den Krieg in die Länge zu ziehen. Russland habe den Krieg herbeigeführt und setze ihn fort, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. „Seit dem 11. März gibt es einen Vorschlag für einen bedingungslosen Waffenstillstand, und die Angriffe hätten schon längst aufgehört, aber es ist Russland, das dies alles fortsetzt.“
Selenskyj verwies dabei auf Serien russischer Drohnenangriffe in den vergangenen Tagen. „Wenn kein Druck auf Russland ausgeübt wird, werden sie weiterhin echte Diplomatie in Moskau verachten und weiterhin Leben vernichten“, warf er der russischen Führung vor.
US-Präsident Trump will den Krieg nach eigenen Angaben so schnell wie möglich beenden. Die Chancen darauf stünden gut, meinte er vor den Treffen. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff, der Putin in den vergangenen Wochen in Moskau getroffen hatte, meinte: „Ich habe das Gefühl, er (Putin) will Frieden.“ Der Kreml allerdings dämpfte die Erwartungen. Sprecher Dmitri Peskow sagte: „Wir stehen erst am Anfang dieses Wegs.“
Der Kreml scheint es mit Blick auf eine Waffenruhe nicht eilig zu haben. Bei dem Telefonat mit Trump vor einigen Tagen hatte Putin seine bekannten Argumente gegen eine allgemeine Waffenruhe vorgebracht. Es sei unklar, wie eine solche Feuerpause entlang der gesamten Frontlinie überwacht und abgesichert werden solle, sagte er. Der Kreml stellte zudem zwei Bedingungen. Demnach darf der Westen keine weiteren Waffen und Geheimdienstinformationen mehr an Kiew liefern.
Kurz vor den neuen Sondierungen der Kriegsparteien über einen möglichen Weg zum Frieden war es in der Nacht zu Samstag in Kiew zu einem folgenschweren russischen Drohnenangriff gekommen. Drei Menschen kamen ums Leben, darunter ein fünfjähriges Kind.
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