Die Unionsfraktion im Bundestag fordert grundlegende Änderungen in der deutschen Prostitutionspolitik. Kern der Forderungen ist ein Sexkaufverbot nach dem sogenannten Nordischen Modell, bei dem die Person bestraft wird, die für Sex Geld bezahlt, nicht aber die Prostituierten selbst. Das geht aus einem Positionspapier der Fraktion hervor, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuvor hatte die „Welt“ berichtet. Der Zeitung zufolge hatte der Fraktionsvorstand das Papier am Montagnachmittag beschlossen.
„Jenseits einer ethisch-moralischen Bewertung von Prostitution stellen wir fest, dass es nach wie vor trotz klarer Verbote Zuhälterei, Zwangsprostitution und Menschenhandel gibt“, heißt es in dem Papier. „Die Situation der Betroffenen, insbesondere junger Frauen, die oftmals eklatanten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind, fordert uns zum Handeln auf.“
Die Unionsfraktion fordert daher einen „Paradigmenwechsel in der Prostitutionsgesetzgebung“ in Form eines Dreisäulenmodells. Zum einen sollen dabei Präventions- und Bildungsprogramme etwa in Schulen oder den Herkunftsländern der Prostituierten die Aufklärung zum Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution stärken und den Einstieg in die Prostitution verhindern. Der Ausstieg solle durch Beratung und Begleitung - etwa bei der Suche nach einer Wohnung oder der Aufnahme einer Ausbildung oder Beschäftigung - erleichtert werden.
Das Positionspapier sieht zudem vor, dass nicht die Durchführung sexueller Dienstleistungen, sondern der Kauf als Vergehen bestraft wird. Die Inanspruchnahme von Beratung und Hilfe durch die Opfer dürfe nicht durch Sorge vor Bußgeldern oder Polizeimaßnahmen gegen sie selbst belastet werden. Auch der Betrieb von Prostitutionsstätten soll demnach verboten werden.
Diese Kriminalisierung des Sexkaufs würde ein effektives Einschreiten der Polizei und Strafverfolgungsbehörden ermöglichen, heißt es in dem Papier weiter. Spezialisierte Polizeieinheiten, eine effektive Kontrolle entsprechender Internetplattformen und Freierforen, sowie die Schulung und enge Zusammenarbeit von Polizei, Justiz und Behörden sollen zudem für eine geregelte Durchsetzung des Rechts sorgen.
Seit Einführung des Prostitutionsgesetzes 2002 ist Prostitution in Deutschland nicht mehr sittenwidrig, sondern ein normales Gewerbe. Die damalige rot-grüne Koalition wollte mit dem Gesetz die rechtliche und soziale Lage der Prostituierten verbessern - laut Experten passierte aber teils das Gegenteil. 2017 trat zudem das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft, das vor allem gewerberechtliche Vorgaben macht. Bordelle benötigen seitdem eine Betriebserlaubnis, Prostituierte sind verpflichtet, ihre Tätigkeit anzumelden und regelmäßig zur Gesundheitsberatung zu gehen.
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