Fecht-Olympiasiegerin Olha Charlan streckte Anna Smirnowa nach ihrem Sieg den Säbel entgegen, die Hand wollte sie der Russin aber nicht reichen - und wurde deshalb von den Weltmeisterschaften wegen „unsportlichen Verhaltens“ disqualifiziert.
Denn wer bei den Fechterinnen und Fechtern den Handschlag verweigert, wird für den weiteren Turnierverlauf ausgeschlossen. In der Runde der besten 32 durfte Olga Charlan deshalb nicht mehr antreten - die Fecht-WM in Mailand hat ihren sportpolitischen Eklat.
Der Chef des ukrainischen Fechtverbands, Mychajlo Illjaschew, kündigte ukrainischen Medien zufolge an, gegen die Disqualifikation vorzugehen. „Wir bereiten einen Protest vor, wir werden Berufung einlegen. Von einer Rückkehr zu diesem Wettbewerb ist jedoch keine Rede“, sagte Illjaschew mit Blick auf die Einzel-Konkurrenz. Ziel sei die Rücknahme der Disqualifizierung, damit Charlan an den Mannschaftswettbewerben der Weltmeisterschaft noch teilnehmen könne.
Die viermalige Säbel-Weltmeisterin aus der Ukraine hatte in der Runde der letzten 64 die Russin Anna Smirnowa klar mit 15:7 besiegt. Die 23-Jährige durfte in Mailand unter neutraler Flagge antreten. Sportliche Wettbewerbe zwischen der Ukraine und Russland hatte es seit Beginn des Krieges nur im Tennis regelmäßig gegeben. Erst am Vorabend hatte das ukrainische Sportministerium die Erlaubnis für die Teilnahme an solchen Wettkämpfen erteilt, wenn Russen oder Belarussen als Neutrale antreten.
Gut 20 Mitglieder der ukrainischen Delegation unterstützten Charlan, riefen immer wieder „Slawa Ukrajini“ („Ruhm der Ukraine“). Nach ihrer Niederlage weigerte sich Smirnowa die Planche zu verlassen, und forderte die Disqualifikation ihrer Gegnerin. Als sie mit ausgestreckter Hand auf sie zugegangen war, hatte Olha Charlan nur kurz den Kopf geschüttelt und der Russin den Säbel entgegengehalten.
Danach ließ sich Smirnowa auf einem Stuhl nieder, ehe der ihr nach einer Weile wieder weggenommen und ihr Sitzstreik beendet wurde - das anschließende Gefecht zweier Degenspezialisten begann mit erheblicher Verspätung. Zunächst war der Kampf von Charlan noch angesetzt, da die Handschlag-Regel bei den Fechtern durch die Corona-Krise aufgeweicht worden war. Es schien, als ob Charlan weitermachen durfte. Doch dann blieb die rote Bahn leer, die Bulgarin Joana Iljewa erreichte kampflos das Achtelfinale. Das Wort „EXC“ war auf der Tafel neben Charlans Namen erschienen - und der Name der Bulgarin stand auf dem Feld für die nächsten Runde.
Am Vortag hatte Degenfechter Ihor Rejslin (39) den Kampf gegen den Russen Wadim Anochin (31) boykottiert. Der Olympia-Dritte von Tokio ging am Mittwoch in der Runde der letzten 64 nicht auf die Planche, auf der Anochin wartete. Der Kampf wurde deshalb als „nicht angetreten“ zugunsten des Russen gewertet.
Bei der WM dürfen Fechterinnen und Fechter aus Russland und Belarus in den Einzelwettbewerben als neutrale Athleten starten. Charlan hatte zuletzt erklärt, gerne gegen Russinnen fechten zu wollen. Der Kampf gegen Russland solle „an allen Fronten“ geführt werden, sagte sie. Die Soldaten an der Front würden ihre Gefechte verfolgen.
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