Er war unterwegs auf einer Pilgerwallfahrt in Italien - auf dem Rückweg ist der Benediktinermönch Notker Wolf am Mittwoch überraschend gestorben. Der 83-Jährige sei auf dem Weg nach Hause gewesen, teilte seine Abtei St. Ottilien im oberbayerischen Landkreis Landsberg am Lech mit. Die Nachricht sei mit großer Bestürzung aufgenommen worden. „Es ist für uns total überraschend. Er war bis zuletzt aktiv und auch viel unterwegs“, hieß es aus der Mönchsgemeinschaft St. Ottilien. Auch sein Verlag Herder berichtete über den Tod des über Bayerns Grenzen hinaus bekannten bayerischen Mönchs.
„Notker Wolf war über Jahrzehnte eines der prägenden Gesichter des Christentums in Deutschland. Seine Tatkraft, sein Humor und seine Unkonventionalität werden uns fehlen. Gerade in Zeiten wie diesen war er für uns alle ein Symbol dafür, wie viel Kraft und Mut der Glaube geben kann“, sagte Herder-Geschäftsführer Simon Biallowons. Die Abtei St-Ottilien würdigte sein „reiches und segensreiches Wirken in dieser Welt“.
Vor allem mit seinen Auftritten als Rockmusiker in Mönchskutte hatte Notker Wolf für Aufmerksamkeit auch jenseits kirchlicher Kreise gesorgt. Zudem schrieb er zahlreiche Bücher, war gerne gesehener Talkshow-Gast und wandte sich in Podcasts an die Menschen.
Unterhaltsam, humorvoll, kritisch und trotz aller Weltoffenheit konservativ äußerte er sich zu politischen und gesellschaftlichen Fragen, zuletzt etwa in einem erst Ende März veröffentlichten Podcast für die konservative katholische „Tagespost“ aus Würzburg zum Wohlstand in Deutschland. „Sein Charisma und seine klare Persönlichkeit hinterlassen eine unvergessliche Spur“, schreibt die „Tagespost“ in einer Mitteilung.
Mehrfach wurde Wolf als ein Kandidat gehandelt, wenn im Freistaat ein Bischofsstuhl vakant war. So war es, als 2007 ein neuer Münchner Erzbischof gesucht wurde und als drei Jahre später der umstrittene Oberhirte Walter Mixa in Augsburg zurücktrat.
Doch Wolf blieb bis 2000 Erzabt in St. Ottilien. Danach wurde er in Rom oberster Vertreter der Benediktiner, zuständig für mehr als 800 Benediktinerklöster mit über 20 000 Mönchen und Nonnen weltweit. Seine Amtszeit als Abtprimas dauerte 16 Jahre. Im Herbst 2016 kehrte er aus Rom in seine Heimatabtei St. Ottilien zurück.
Notker Wolf wurde 1940 als Sohn eines Schneiders in Bad Grönenbach im Allgäu geboren und verbrachte schon seine Schulzeit teils in dem Kloster in der Nähe des Ammersees. Bereits damals sei für ihn klar gewesen, dass er die Botschaft Jesu weitergeben wolle, berichtet der Herder-Verlag.
So trat er 1961 nach dem Abitur in die Benediktinerabtei ein. Er studierte Philosophie, Theologie, Zoologie, Anorganische Chemie und Astronomiegeschichte - in München und in Rom an der Päpstlichen Benediktinerhochschule. Später war er dort Professor für Naturphilosophie und Wissenschaftstheorie.
Als E-Gitarrist stand er darüber hinaus regelmäßig mit der Hard-Rock-Band Feedback auf der Bühne, einmal auch als Vorgruppe von Deep Purple. Dass er auch Querflöte spielte, kam ihm beim Covern des Jethro-Tull-Klassikers „Locomotive Breath“ zugute; er nahm aber auch CDs mit klassischer Musik auf. Zudem veröffentlichte er teils gemeinsam mit anderen Autoren zahlreiche Schriften und Bücher - mit praxisnahen Titeln wie „Gute Vorsätze. Beim nächsten Mal wird alles anders“, „Läuft. Pessimisten stehen im Regen - Optimisten duschen unter Wolken“ oder „Altwerden beginnt im Kopf, Jungbleiben auch“.
Immer wieder berief er sich auf die Regeln seines Ordens. „Für moderne Unternehmensführung reichen die benediktinischen Regeln völlig aus“, sagte er etwa über die Führungsaufgabe als Abtprimas in Rom. Ein andermal, in einem Youtube-Clip während der Corona-Pandemie zum Thema Angst vor dem Tod: „Wir Benediktiner leben nach dem Motto: den unberechenbaren Tod täglich vor Augen haben“, sagte er. „Wir sind nun einmal Gast auf der Erde.“
Das Requiem und die Beerdigung sollen am Samstag, dem 6. April, um 10.30 Uhr in St. Ottilien stattfinden, wie das Kloster mitteilte.
© dpa-infocom, dpa:240403-99-549490/3