Tadej Pogacar ist die Vergleiche mit dem Größten der Geschichte langsam leid. „Ich kann mich nicht mit Eddy Merckx vergleichen, denn das war nicht meine Zeit. Es ist sowohl schmeichelhaft als auch nervig, denn man möchte einfach man selbst sein“, sagt der aktuell beste Radprofi der Welt. „Man möchte sein eigenes Ding machen, seine eigenen Rennen fahren und seine eigene Geschichte schreiben - nicht die von jemand anderem.“
Seiner eigenen - jetzt schon einmaligen - Geschichte kann Pogacar ein weiteres, alles andere als alltägliches Kapitel hinzufügen - was die Vergleiche mit Merckx nur weiter befeuern dürfte. Wird der Slowene am Sonntag in Zürich erstmals Weltmeister, gewinnt er die so genannte Dreifach-Krone des Radsports. Das gelang bisher erst zwei Fahrern, dem Iren Stephen Roche und eben Merckx.
Für diese – höchst inoffizielle – Krone muss ein Profi zwei der drei großen Landesrundfahrten in einem Jahr gewinnen und Weltmeister werden. Pogacar siegte in diesem Jahr beim Giro d’Italia und der Tour de France. Der Parcours von Zürich mit seinen 273,9 Kilometern und fast schon brachialen 4.470 Höhenmetern wirkt wie maßgeschneidert für den 25-Jährigen.„Tadej kann Geschichte schreiben“, ist sich sein Sportchef Joxean Matxin sicher. Er sei 25 Jahre alt, sei in diesem Jahr erstmals zwei große Rundfahrten gefahren: „Und er hat beide gewonnen.“
Schon nach seinem Tour-Sieg Ende Juli machte Pogacar klar, was für ihn fortan zählt: „Das Regenbogen-Trikot sieht bei Mathieu gut aus, aber mir würde es auch stehen. Es ist mein großer Traum.“
Der Niederländer Mathieu van der Poel ist noch bis Sonntag amtierender Weltmeister. Der 29-Jährige ist ein ebenso herausragender Fahrer wie Pogacar – und trotzdem sagt er zu einer erfolgreichen Titelverteidigung: „Die Chance ist klein.“ Ein Rennen von dieser Länge in Kombination mit den Höhenmetern hat der Klassikerspezialist noch nie gewonnen.
Auch er hat zuletzt alles dem WM-Rennen untergeordnet. Van der Poel ging ins Höhentrainingslager, verlor einige Kilo, wirkt nun regelrecht schmal. Und dürfte dennoch gut fünf Kilo schwerer als Pogacar sein, was beim Profil am Zürichsee den Ausschlag geben sollte. „Man hat keine Gelegenheit, um mal durchzupusten“, sagt der Deutsche Maximilian Schachmann über den Kurs.
Siebenmal muss eine Runde an der Nordseite des Zürichsees, wegen der traumhaften Sonnenuntergänge Goldküste genannt, absolviert werden. Zwei Hauptanstiege haben die Organisatoren markiert, doch bis auf ein kurzes Flachstück am See geht es eigentlich die ganze Zeit rauf und runter.
Wer kann Pogacar die Dreifach-Krone streitig machen? Eigentlich bleibt da nur Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel. Belgiens Wunderkind gewann am Sonntag bereits den WM-Titel im Zeitfahren und ist deutlich bergfester als van der Poel. Ob die Form allerdings gut genug ist, ist fraglich. Doch Merckx dürfte es womöglich gefallen, wenn ein Landsmann dafür sorgt, dass es keinen weiteren dreifachen Kronenträger gibt.
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