Der weltgrößte Chemiekonzern BASF kämpft mit einem weitreichenden Umbau gegen hohe Energiekosten und die schwache Wirtschaftsentwicklung. Mit einer neuen Strategie will Vorstandschef Markus Kamieth den angeschlagenen Chemieriesen profitabler machen - und verkündet schmerzhafte Botschaften für die Beschäftigten und Aktionäre. Das Stammwerk Ludwigshafen steht erneut vor Einschnitten: Weitere Chemieanlagen könnten geschlossen werden, wie BASF zum Kapitalmarkttag mitteilte. Zugleich sollen Geschäftsseile verkauft und die Agrarsparte an die Börse gehen.
Die neue Strategie sieht einen stärkeren Fokus auf das Kerngeschäft vor, wie der seit April amtierende Kamieth erläuterte. Zudem sollen Verlustbringer abgestoßen und der Sparkurs fortgesetzt werden. Aber nicht nur auf die weltweit rund 112.000 Beschäftigten kommen härtere Zeiten zu, auch die Aktionäre müssen bluten - die Dividende bei BASF wird erstmals seit 2010 gekürzt. Kamieth kündigte zudem flachere Hierarchien und weniger Bürokratie an.
Die Gewerkschaft IG BCE kritisierte die Strategie als einseitig. „Anlagen abbauen, Stellen streichen und zur Transformation in Trippelschritten: Für den größten Chemiekonzern der Welt genügt das nicht als Konzept“, sagte Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE und BASF-Aufsichtsrat. Der Betriebsrat forderte, den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen von Ende 2025 auf 2030 zu verlängern. „Durch die vielen Sparprogramme fühlen sich die Beschäftigten ohnmächtig“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Sinischa Horvat.
Besonders im Blick steht das schwächelnde Stammwerk Ludwigshafen. Standortleiterin Katja Scharpwinkel schloss eine Stilllegung weiterer Chemieanlagen nicht aus. Von den rund 160 Anlagen in Ludwigshafen seien 78 Prozent wettbewerbsfähig, sagte Scharpwinkel. Bei 22 Prozent der Anlagen bestehe das Risiko, dass das nicht mehr so sei. Angaben zu einem möglichen Stellenabbau als Folge von Schließungen gab es nicht. Scharpwinkel prophezeite: „Der Standort Ludwigshafen wird schlanker, aber stärker sein.“ Sie und Kamieth kündigten an, dass im Herbst eine neue Standortvereinbarung verhandelt werde.
BASF hatte wegen schwächelnder Geschäfte schon 2022 ein großes Sparprogramm verkündet. Damit sollen die jährlichen Kosten bis Ende 2026 um insgesamt 1,1 Milliarden Euro sinken. Geplant ist der Abbau von rund 3300 Jobs weltweit, davon 700 Stellen in der Produktion in Ludwigshafen. Auch die Schließung mehrerer Chemieanlagen wegen hoher Energiepreise wurde beschlossen, etwa für Ammoniak und das Kunststoffvorprodukt TDI.
Im Stammwerk sollen laut dem jüngsten, im Februar verkündeten Sparprogramm bis Ende 2026 zusätzlich jährlich Kosten von einer Milliarde Euro gespart werden. Wie viele Jobs dort wegfallen werden, ist noch unklar. Zudem werde der Konzern seine Strukturen außerhalb der Produktion in Ludwigshafen anpassen und die Kosten senken, sagte Scharpwinkel.
Die vergleichsweise üppige Dividende kann sich BASF nicht mehr leisten. Die Ausschüttung soll in den kommenden Jahren nur noch bei mindestens 2,25 Euro je Aktie liegen. Für 2023 hatte BASF noch 3,40 Euro pro Anteil bezahlt. Die Dividendenpolitik mit mindestens konstanten oder steigenden Ausschüttungen hat bei BASF Tradition und ist seit Jahren ein starkes Argument auch für Privataktionäre. Die Dividendenkürzung sei im schwierigen Umfeld und bei großen Investitionsplänen nachvollziehbar, meint Arne Rautenberg, Portfoliomanager bei der Fondsgesellschaft Union Investment.
BASF will sich nun stärker auf Kernbereiche konzentrieren - die Sparten Chemicals, Materials, Industrial Solutions und das Geschäft mit Nahrungs-, Pharma- und Kosmetikunternehmen („Nutrition & Care“). In etwa 75 Prozent dieser Geschäfte ist BASF nach eigener Einschätzung Marktführer.
Die Agrarsparte, Batteriematerialien, das Coatingsgeschäft mit Lacken sowie das Abgaskatalysatorengeschäft zählt Kamieth nicht zum Kerngeschäft und prüft für sie „aktive Portfolio-Optionen“. Die Agrarsparte etwa will der Dax-Konzern an die Börse bringen: Bis 2027 soll das Geschäft in separate Gesellschaften ausgegliedert werden. Mittelfristig soll ein Minderheitsanteil der Sparte an die Börse gehen.
Die Aufspaltung in Kern- und eigenständige Einheiten sei sinnvoll, auch wenn das aktuell nicht allzu viel ändere, meint Portfoliomanager Rautenberg mit Blick auf die Zeitschiene.
Mit dem gesamten Maßnahmenpaket soll der operative Gewinn mittelfristig wieder deutlich steigen. Als Ziel gab BASF aus, dass der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 2028 zwischen zehn und zwölf Milliarden Euro liegen soll. Zum Vergleich: 2023 verdiente BASF operativ knapp 7,7 Milliarden Euro, knapp 29 Prozent weniger als im Vorjahr.
Trotz Sparkurses setzt der Chemiekonzern weiter auf den grünen Umbau für eine stärkere Nutzung von erneuerbaren Energien und Rohstoffen. Bis 2050 strebt das Unternehmen Netto-Null-Treibhausgasemissionen für die Produktion, den Energieeinkauf und den Rohstoffbezug an.
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