Motorräder sind nach wie vor beliebt. Natürlich planen die Hersteller auch 2023 mit vielen neuen Modellen. Gefragt sind 125er, die mit maximal 11 kW ab 16 Jahren oder der Autoführerscheinerweiterung B 196 gefahren werden können. Allerdings sieht Michael Schümann von der Zeitschrift „Motorrad“ kaum große Überraschungen bei neuen Motorrädern.
Bei den internationalen Messen Intermot und Eicma blieben Ende 2022 Hersteller wie BMW, KTM und Harley-Davidson fern. Diesen Leerraum füllten einige chinesische Hersteller, die ein breites Angebot von Maschinen vorstellten, wie CFMoto oder QJ Motor.
Auch bisher in Europa gänzlich unbekannte Marken aus China waren dort vertreten, wie Kove oder Benda. Ob deren Modelle nach Deutschland kommen, stehe noch nicht fest. Sicher scheint, dass die Trends der vergangenen Jahre anhalten. So sind Reiseenduros der Mittelklasse weiterhin beliebt.
Honda stellt mit der XL 750 Transalp eine Legende neu auf die Räder. „Die neue Transalp hat das Zeug zum Bestseller“, sagt Michael Schümann. Mit 95 PS und rund 208 Kilogramm sei sie ausreichend motorisiert und nicht allzu schwer. Statt eines V2-Motors wie in der Vergangenheit setzt Honda nun auf einen Reihenzweizylinder. Das spare Platz, Bauteile und damit auch Kosten. Ein neuer Trend.
Suzuki bietet nächstes Jahr zwei Modelle ebenfalls mit einem neuen Reihenzweizylinder an, wie das Naked Bike GSX 8S und die V-Strom 800.
Da BMW Motorrad 2023 sein 100-jähriges Bestehen feiert, geht Michael Schümann von einem neuen Topseller aus. Die große GS ist seit Jahrzehnten das meistverkaufte Motorrad in Deutschland. „Es gilt als sicher, dass BMW eine R 1300 GS mit neuem Motor, mehr Hubraum und mehr Leistung zum runden Geburtstag vorstellt“, sagt er.
Der Trend gehe bei den Top-Modellen nach wie vor zu „höher, weiter, schneller“. Heißt: mehr Leistung und mehr Ausstattung. Wie bei der Yamaha Tracer GT 9+. Die bietet nun einen aktiven Abstandstempomaten an. Aber auch eine Gegenbewegung wird bei Kunden immer beliebter: die Reduktion auf das Wesentliche. Maschinen mit weniger Hubraum, Leistung und Elektronik, wie die von Royal Enfield, waren 2022 gefragt und werden es auch 2023 sein.
„Royal Enfield bietet pures Fahren ohne viel Leistung und Technik, dafür mit klassischem Design und einer gewissen Schnörkellosigkeit. Das scheint viele Kunden zu überzeugen“, sagt Michael Schümann.
„Die Retro-Welle läuft weiter, wie die große Überraschung Horex Regina Evolution eindrucksvoll zeigt“, sagt auch Michael Lenzen als Vorsitzender des Bundesverbandes der Motorradfahrer (BvdM).
Neben Royal Enfield stehen auch Hersteller wie BSA und Triumph weiter hoch im Kurs. Die Kombination aus klassischem Design, aktueller Technik und nicht allzu viel Elektronik scheint aufzugehen.
Mit Maschinen im unteren und mittleren Segment zwischen 600 und 800 Kubikzentimeter wie die Honda CB 750 Hornet oder Suzuki V-Strom 800 wollen Hersteller weiter Einsteiger locken.
„Die Auswahl an guten Mittelklassemotorrädern hat sich in den vergangenen Jahren gesteigert und ist derzeit so groß wie nie“, sagt Lenzen. Am anderen Ende der Leistungsspanne liegen weiter entwickelte Supersportler wie die BMW 1000 RR oder die limitierte Ducati Streetfighter V4 Lamborghini.
Die Auswahl an elektrischen Motorrädern wird in den nächsten Jahren weiter steigen. „Neue Marken mit neuen Modellen aus China und Europa werden in den nächsten Jahren auf den Markt kommen“, sagt Lenzen.
Auch an anderen Alternativen wird gearbeitet: So zeigte Kawasaki auf der Eicma Ende 2022 neben zwei Elektrorädern einen großen Vierzylindermotor mit Wasserstoff-Einspritzung als Studie.
„Auch die anderen großen Hersteller forschen an elektrischen Motorrädern, aber bisher können die Konzepte nicht überzeugen“, sagt Schümann. Hohes Gewicht gepaart mit geringer Reichweite, langer Ladezeit und hohen Preisen sei für Motorradfahrer wenig attraktiv. Auch 2023 gibt es neue Modelle wie etwa die Aprilia Electrica oder die Energica Experia. Doch: „Der Durchbruch der großen E-Bikes lässt noch auf sich warten“, so Schürmann.
Eine Fortführung des Trends hin zu mehr Sicherheitssystemen erwartet in den nächsten Jahren Matthias Haasper. Das bestätigen mit dem Einzug des radargestützten aktiven Tempomats bereits einige Hersteller wie BMW, Ducati, KTM und Yamaha. „Aber die Technik wird sicherlich in weiteren Marken und Modellen folgen“, sagt er.
Auch bestehende Systeme wie ABS, Traktionskontrolle oder spezielle Fahrmodi werden weiter optimiert, um die Sicherheit der Zweiradfahrer zu erhöhen. In den nächsten Jahren rechnet der Experte mit weiteren Sicherheitssystemen wie Notbremsassistent und einer Vernetzung von Fahrzeugen untereinander.
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