Wegen Mordes an seiner Ex-Frau ist ein 43-Jähriger aus Bad Windsheim zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die 5. Strafkammer am Landgericht Nürnberg-Fürth erkannte zusätzlich eine besondere Schwere der Schuld.
Totenstille im Gerichtssaal. Es wird genannt der Name der Getöteten, ihr Geburtstag, ihr Sterbetag, die Namen ihrer drei Kinder. Acht Jahre alt, vier Jahre, ein Jahr. Richter Markus Bader trägt ihre Namen im ersten Satz seiner Urteilsbegründung vor, laut und deutlich. „Geschwister, Familienangehörige, Freunde“, fährt er mit einem festen Blick zu den Zuhörern fort, seien die weiteren Hinterbliebenen.
Sieben Tage haben die drei Berufsrichter und zwei Schöffinnen den Opfern einer Tat ins Gesicht geschaut, sagt Bader, nachdem er das Urteil verkündet hat. Lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes. „Die Schuld des Angeklagten wiegt besonders schwer.“
Zwanzig Minuten lang legt der Vorsitzende Richter die wichtigsten Gründe für das Urteil dar. Er zeichnet die vierjährige Beziehung zwischen zwei Menschen nach, die beide in Bad Windsheim zur Welt kamen und aufgewachsen sind, aber auch in der Kultur ihrer aus der Türkei eingewanderten Elterngeneration verhaftet blieben. „Die Beziehung war von Anfang an ein tragisches Missverständnis“, sagt der Richter.
Zu unterschiedlich waren die Vorstellungen vom Alltag und von der Erziehung der Kinder. „Es war ein täglicher Kampf bis zuletzt - und das im wahrsten Sinn des Wortes“, fasst der Richter die Zeugenaussagen zusammen. Am Adventssonntag, 28. November 2021, hat der Vater dann die Mutter erstochen. „Nicht versehentlich, sondern absichtlich“, macht Bader klar.
Die Darstellung des Angeklagten, bei einem Handgemenge sei versehentlich ein Messer in den Hals der 33-Jährigen eingedrungen, habe der Rechtsmediziner Dr. Peter Betz eindeutig widerlegt. Drei todbringende wuchtige Stiche in den Hals und zahlreiche weitere Wunden zeigten die Absicht deutlich, so der Richter. Damit kommt eine Verurteilung wegen Totschlags, die die Verteidigung verlangt hatte, nicht in Frage. Acht Jahre und drei Monate halten die Anwälte Patrick Schmidt und Marc-Oliver Sandner für angemessen.
Die Tat an diesem Sonntag gegen 13.30 Uhr habe eine lange Vorgeschichte. „Er hat vermutlich schon einmal versucht, sie aus dem Weg zu räumen“, erinnert Bader an einen Vorfall am 17. Juli 2019 im Bad Windsheimer Stadtzentrum. Damals war ein Nachbar eingeschritten, der um das Leben der jungen Frau fürchtete. Eine Zeugin habe zudem ausgesagt, der Angeklagte habe zu seiner Ex-Frau während der Schwangerschaft gesagt: „Wenn das Baby da ist, schlitz ich deine Kehle auf.“ Dies und viele weitere ähnliche Drohungen zeige, so Bader, dass der 43-Jährige sich gedanklich schon lange damit beschäftigt habe, seine Ex-Frau zu erstechen.
Die Tat sei aus niedrigen Beweggründen geschehen. Die Frau, von der er geschieden war, die er aber wegen des gemeinsamen Sorgerechts und seines Interesses an den Kindern täglich sah, habe nicht das getan, was er wollte. „Sie hat ihm die Stirn geboten, das hat er nicht hingenommen.“ Er habe deshalb die alleinige Kontrolle über die Kinder haben wollen.
„Er hat ihnen die Mutter genommen, um sein eigenes Interesse in den Vordergrund zu stellen“, sagt Markus Bader. „Sie wachsen jetzt ohne Mutter auf - und vielleicht zum Glück auch ohne Vater.“ Dessen Handeln stufen die Richter als besonders verwerflich ein, weshalb sie zusätzlich auf die besondere Schwere der Schuld erkennen.
In ihrem Urteil folgt die Kammer den Anträgen von Oberstaatsanwalt Dr. Roland Fleury und Rechtsanwalt Benjamin Schmitt, der die Schwester der Getöteten als Nebenklägerin vertritt. „Die Urteilsbegründung hat an Deutlichkeit nichts ausgelassen“, sagt Schmitt nach der Verhandlung. Es sei sehr wichtig gewesen, dass der Vorsitzende Richter so deutlich an die Folgen für die von der Tat Betroffenen erinnert hat. „Man muss den Hinterbliebenen eine Stimme geben.“
Das Urteil bedeutet mehrere Jahre zusätzliche Haft für den 43-Jährigen. Verurteilte Mörder können trotz ihrer lebenslangen Strafe nach 15 Jahren auf Bewährung freikommen. Bei einer besonderer Schwere der Schuld gibt es diese Möglichkeit nicht. Dann müssen Richter im Einzelfall prüfen, wann es eine Entlassung auf Bewährung geben kann. Im Schnitt sind es in Deutschland derzeit rund 24 Jahre, doch jeder Einzelfall wird regelmäßig überprüft.
Der Spruch der Richter ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte kann binnen einer Woche Revision einlegen. Dann müsste der Bundesgerichtshof prüfen, ob das Landgericht Nürnberg-Fürth Rechtsfehler begangen hat. Die Untersuchungshaft besteht vorerst fort.