Die Nase läuft, Schlucken tut weh, Arme und Beine fühlen sich schwer an: So fühlen sich derzeit viele. Das eine Wundermittel gegen Infekte gibt es zwar nicht. Aber wir können einiges tun, um besser durch eine Erkältung zu kommen.
Bahnt sich eine Erkältung an, „dann sollte man versuchen, sich warm zu halten und ausreichend zu schlafen“, rät Uwe Popert. Er ist Sektionssprecher Hausärztliche Praxis der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin.
Vielleicht gehören sie aber auch zur Fraktion „Nun schnell so viele Vitamine wie möglich in den Körper!“ - in der Hoffnung, den Infekt noch aufzuhalten. „Ob eine Menge an Vitamin C hilft, darüber gibt es verschiedene Studienaussagen“, sagt Popert. „Zumindest eine Einnahme von hoch dosierten Tabletten scheint nicht förderlich zu sein.“ Was nie schadet: eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse.
Und auch wenn uns ein Infekt so gar nicht in den Kram passt: Wir müssen akzeptieren, dass er da ist - und den Signalen des Körpers Aufmerksamkeit schenken. „Wenn man sich ausgepowert, kraftlos, müde, kaputt fühlt - dann sollte man nicht einfach weitermachen, sondern einen Gang herunterschalten“, sagt Ivo Grebe, Hausarzt in Aachen.
Eine klare Unterscheidung nur anhand der Symptome ist kaum möglich - einige Anhaltspunkte gibt es aber.
Kommt der Infekt auch mit Magen-Darm-Beschwerden und Kopfweh, kann die Coronavirus-Variante Pirola dahinterstecken. „Und wenn ein schlagartiger Beginn da ist - mit hohem Fieber, starker Abgeschlagenheit -, kann das eine beginnende Influenza-Infektion sein“, sagt Uwe Popert. Die Grippe spielt derzeit - Ende November - im Infektionsgeschehen aber noch keine große Rolle. In aller Regel setzt die Grippewelle im Januar ein.
Auch wenn wir alle seit der Pandemie ein größeres Interesse daran haben, mit welchem Virus unser Immunsystem gerade kämpft: Für Medizinerinnen und Mediziner ist diese Info relativ unerheblich, wie Popert sagt. Denn: Diese Viren lassen sich allesamt nicht medikamentös behandeln.
Einzige Ausnahme: Antivirale Medikamente, die zu Beginn einer Coronainfektion bei Risikopatientinnen und -patienten eingesetzt werden können und schwere Verläufe verhindern sollen. Ihr Einsatz muss aber gründlich abgewogen wird.
Ansonsten gilt: „All die Mittel, die es gegen Erkältungen gibt, dienen am Ende nur dazu, die subjektiven Symptome und Beeinträchtigungen zu lindern“, sagt Ivo Grebe. Die Lutschtablette sorgt dafür, dass der Hals beim Schlucken weniger schmerzt. Die Schmerztablette lindert die Gliederschmerzen. „Aber dadurch verkürzt sich der Krankheitsverlauf nicht“, stellt der Mediziner klar.
Was zu beachten ist bei Kits, die viele Monate in Schubladen verbracht haben: „Sie haben ein Verfallsdatum. Und auch die Lagerung kann sie beeinflussen: Wenn der Test etwa auf der Heizung oder in der Sonne gelegen hat, würde ich nicht dafür bürgen, dass das Ergebnis stimmt“, sagt Uwe Popert.
Und natürlich gilt weiterhin: Beim ersten Halskratzen werden längst noch nicht genug Virus-Bestandteile ausgeschieden, um den zweiten Strich auf der Testkassette zu färben. „Einen positiven Selbsttest hat man erst zwei, drei Tage später“, sagt Popert.
Abwarten und Tee trinken ist ein Anfang. Oder ein anderes Getränk. Denn den Körper mit viel Flüssigkeit zu versorgen, ist bei einem Infekt ein Muss. Aus mehreren Gründen, wie Ivo Grebe erklärt: „Das reduziert die Viruslast im Nasen-Rachen-Raum. Außerdem ist der Körper nun stärker gefordert und setzt mehr Flüssigkeit um.“
Wer Gliederschmerzen hat, kann Schmerzmittel einnehmen. Hat man allerdings Magenbeschwerden, verzichtet man besser auf Schmerzmittel wie Ibuprofen oder ASS (Acetylsalicylsäure). „Paracetamol belastet den Magen weniger“, sagt Uwe Popert.
Wohltuend kann Inhalieren sein. Welche Zusätze - ätherische Öle etwa - am besten helfen, ist Popert zufolge noch nicht ausreichend erforscht. Wer sich also mit Handtuch über dem Kopf über einen Topf mit warmem Wasser beugt, entscheidet am besten nach seinen persönlichen Vorlieben, ob er etwas zugibt und was. „Wer einen Kamillendampf angenehmer findet als reinen Wasserdampf, sollte den auf jeden Fall wählen.“
Auf vielen Nachttischen steht bei Erkältungen ein Nasenspray, um nachts Luft durch die Nase zu bekommen. „Ich empfehle allerdings ein Kinder-Nasenspray“, sagt Popert. Präparate für Erwachsene sind höher dosiert. Das macht die Nase zwar gut frei, sorgt aber für stärkere Schädigungen der Nasenschleimhaut, wenn man es länger als eine Woche nutzt.
Ansonsten kann man vor dem Schlafengehen auf eine Nasenspülung mit einer Kochsalzlösung setzen. „Wenn man die selber herstellt - bitte nicht salziger machen, als Meerwasser wäre. Denn das kann Nasenbluten verursachen“, warnt Popert. Wer ein bis zwei gestrichene Teelöffel Kochsalz in einem Liter Wasser auflöst, ist auf der sicheren Seite.
Und gegen den Husten? „Heiße Milch mit Honig ist tatsächlich ein in Studien erprobtes Mittel, das gar nicht so schlecht gegen Husten hilft“, sagt Popert.
Der Verdacht auf eine Immunschwäche besteht laut Uwe Popert erst, wenn mehr als zwölf schwere Infekte in einem Jahr auftreten. „Viel öfter steht hinter häufigen Atemwegsinfekten eine Allergie im Bereich der Nasenschleimhäute.“
Wer aufgrund einer Allergie gegen Hausstaub, Schimmelpilze oder Pollen ohnehin oft eine verstopfte Nase hat, ist Popert zufolge oft auch anfälliger für Atemwegsinfekte. Das kann eine mögliche Erklärung sein, warum es einige immer wieder erwischt.
Ganz umgehen lässt sich wohl kein Infekt - aber wir können einiges tun, damit unsere Immunabwehr möglichst gut arbeiten kann.
Sich jeden Tag einen kleinen Spaziergang durch den Wald oder Park vorzunehmen, tut im Herbst nicht nur der Stimmung gut - auch das Immunsystem profitiert davon. Und natürlich: bunt und ausgewogen ernähren. „Wer es nicht schafft, so viel Obst und Gemüse zu essen, kann gerne auch mal eine Multivitamin-Tablette in Wasser auflösen“, sagt Ivo Grebe. Der Mediziner rät außerdem, eine Grippeschutzimpfung in Betracht zu ziehen. Sie schützt vor schwerem Grippe-Verlauf.
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