Eine Woche nach dem verheerenden „Jahrhundert-Unwetter“ im Osten Spaniens mit mehr als 200 Todesopfern bietet das Katastrophengebiet weiterhin ein trostloses Bild. Trotz der inzwischen auf Hochtouren laufenden Bergungs- und Aufräumarbeiten sind viele Straßen der über 60 schwer betroffenen Gemeinden in der Region Valencia immer noch mit Schlamm bedeckt. Überall lagen Müll, kaputte Möbel und aufgestapelte Autos, wie die Kameras des TV-Senders RTVE und anderer Medien zeigten.
Zumindest gab es seit den Überschwemmungen und Erdrutschen eine erste gute Nachricht für die Flutopfer: Die Zentralregierung kündigte ein Hilfspaket in einer Gesamthöhe von 10,6 Milliarden Euro an. Die vorgesehenen Direkthilfen und Bürgschaften für Haushalte und Unternehmen seien nur „ein erster Schritt“, betonte Ministerpräsident Pedro Sánchez.
Die Not bleibt: „Der Gestank ist hier noch sehr schlimm“, sagte in Paiporta unweit der Provinzhauptstadt Valencia eine RTVE-Reporterin. Die Gemeinde mit rund 27.000 Einwohnern und etwa 70 Todesopfern gilt als das „Ground Zero“ der Tragödie. Anwohner berichteten dort und in anderen fast komplett zerstörten Ortschaften, man benötige noch mehr Hilfe. „Es gibt schon Ratten“, klagte ein Mann im Gespräch mit RTVE. Andere Betroffene weinen und schimpfen. Paiporta-Bürgermeisterin Maribel Albalat bat vor allem um „mehr schwere Maschinen“. Es sei „sehr schwierig, das Chaos zu bewältigen“.
Die offizielle Zahl der Todesopfer wurde derweil von 217 auf 215 korrigiert - 211 Leichen wurden bisher allein in der auch bei deutschen Urlaubern beliebten Provinz Valencia geborgen. Man geht davon aus, dass die Zahl der Todesopfer weiter steigen wird, weil das Schicksal Dutzender Menschen weiterhin ungewiss ist. Die Behörden gaben inzwischen erstmals eine offizielle Vermisstenzahl bekannt: 89. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass 62 der geborgenen Leichen noch nicht identifiziert wurden, so dass einige der von Angehörigen und Freunden als vermisst gemeldeten Personen darunter sein könnten.
Die Suche nach Opfern konzentriert sich inzwischen auf Tiefgaragen und andere überflutete unterirdische Einrichtungen wie Tunnel und Passagen. Über der Erdoberfläche gebe es keine Leichen mehr, hieß es. Die Behörden befürchten, dass einige Opfer in Flussmündungen oder ins Mittelmeer gespült wurden, wie RTVE berichtete. Seit Dienstag werden die Such- und Bergungsarbeiten von einem Amphibienschiff der Marine unterstützt.
Bei aller Sorge um die Vermissten richtet sich der Blick unterdessen immer stärker auf das Madrider Hilfspaket und die Frage, ob es ausreicht. Die Regionalregierung hatte am Vorabend sogar Hilfszusagen in Höhe von über 30 Milliarden Euro von Madrid gefordert. Dieser Betrag entspricht ungefähr dem gesamten Jahresetat der Region.
In Valencia hatte es am Dienstag voriger Woche in einigen Ortschaften innerhalb weniger Stunden so viel Regen gegeben wie sonst in einem Jahr. Inzwischen ist das Wetter im Katastrophengebiet viel besser - und das soll auch in den nächsten Tagen so bleiben.
© dpa-infocom, dpa:241105-930-279540/3