Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verschickt mittlerweile alljährlich 635.000 Glückwunschbriefe zu Geburtstagen und Hochzeitsjubiläen. Damit übertrifft Söder alleine die Regierungschefs und -chefinnen der übrigen 15 Bundesländer um mehr als das Dreifache, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei den Staats- und Senatskanzleien ergeben hat. Die Landtags-Grünen warfen Söder vor, mit seinen vielen Gratulationen verlorene Zustimmung zurückgewinnen zu wollen.
Zahlen fehlen nur aus Schleswig-Holstein, die vierzehn übrigen Länderchefs verschicken in Summe gerade einmal gut 170.000 Urkunden und Glückwunschschreiben an Jubilare. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) liegt mit insgesamt 80.000 Schreiben und Urkunden weit hinter Söder auf dem zweiten Platz. Auch in Schleswig-Holstein dürfte die Zahl der Gratulationen überschaubar sein, denn Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) gratuliert erst ab dem 90. Geburtstag, während Söder auch sehr viel Jüngere bedenkt.
Die Zahl der bayerischen Bürger, die Post vom Ministerpräsidenten bekommen, hat sich seit Söders Amtsantritt vervielfacht. Laut Finanzministerium gratuliert Söder zum 18., 70., 75., 80., 85., 90., 95., 100. und danach zu jedem weiteren Geburtstag, außerdem zum 60., 65., 70., und 75. Hochzeitstag.
„Das überbordende Mitteilungsbedürfnis des Ministerpräsidenten Markus Söder führt dazu, dass er sich seit seinem schlechten Abschneiden bei der letzten Landtagswahl mehr und mehr Steuergelder gönnt, um sehr unpersönliche Gratulationsschreiben mit maschinell erstellter Unterschrift an mehr und mehr bayerische Bürgerinnen und Bürger zu versenden“, kritisierte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. „Mit dieser sehr einseitigen Kommunikation hofft Söder wohl, die verlorene Zustimmung zu seiner Politik wieder zurück zu gewinnen.“
Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) verteidigte seinen Chef: „Es ist ein Gebot der Höflichkeit und des Respekts, die Menschen in Bayern zu besonderen Anlässen zu würdigen.“ Dies täten selbstverständlich auch Bürgermeister oder Landräte mit persönlichen Besuchen und Geschenken. „Es ist guter Stil und Zeichen gelebter staatlicher Verantwortung, bei unseren Bürgerinnen und Bürgern nicht nur mit Verordnungen und Steuerbescheiden in Erscheinung zu treten, sondern zur Volljährigkeit und zu deren Lebensleistung zu gratulieren. Wir stärken damit die Demokratie und pflegen die Kultur des Miteinander.“
Bundesweit üblich sind Geburtstagsglückwünsche der Ministerpräsidenten je nach Bundesland ab dem 90., 95. oder 100. Geburtstag - so praktizierten es in Bayern auch Söders Amtsvorgänger.
Wie teuer Söders gute Wünsche für die Staatskasse in Summe sind, ist im bayerischen Staatshaushalt nicht nachvollziehbar. Die Gratulationskosten sind im Etat des Landesamts für Finanzen verbucht, welches die Briefe verschickt, sind dort aber nicht einzeln ausgewiesen. Auffällig ist, dass sich die jährlichen Portokosten der Behörde seit 2019 um über eine Million Euro erhöht haben.
Das Finanzministerium begründete das auch mit vermehrtem internen Postverkehr des Landesamts. „Das viele Geld für Söders Serienbriefe sollte besser in die Zukunft unseres Landes investiert werden“, kommentierte Grünen-Fraktionschef Hartmann.
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