Die deutsche Justiz ist laut einem Gerichtsbeschluss in Bayern nicht für die Suche nach etwaigen Erben des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. zuständig. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) München entschieden und sich damit der Auffassung des Amtsgerichts in der Landeshauptstadt angeschlossen, wie ein Gerichtssprecher am Freitag mitteilte. Der Kläger in einem Zivilverfahren um Missbrauch in der katholischen Kirche hatte beim Amtsgericht beantragt, die Ermittlung von möglichen Erben Joseph Ratzingers anzuordnen - und war damit gescheitert. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist rechtskräftig.
Gericht sieht Zuständigkeit im Vatikan
Das OLG argumentierte demnach in seiner Entscheidung, es sei dem Kläger zumutbar und möglich, ein Verfahren zur Ermittlung von Ratzingers Erben bei Gerichten im Staat Vatikanstadt anzustrengen. Dort habe der vor seinem Tod emeritierte Papst seit 2005 seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt. Außerdem sei dem Gericht kein „positives Nachlassvermögen“ Ratzingers wie Geldwerte oder Immobilien in Deutschland bekannt.
Sowohl sein Elternhaus im oberbayerischen Marktl als auch sein ehemaliger Wohnsitz in Pentling in der Oberpfalz gehörten zum Zeitpunkt von Ratzingers Tod demnach einer kirchlichen Stiftung und dem „Institut Papst Benedikt XVI.“.
Zivilverfahren gegen Ratzinger wegen Erben-Suche ausgesetzt
Die Frage nach etwaigen Erben Ratzingers ist für das Verfahren in Traunstein relevant, weil der in der Zwischenzeit gestorbene Papst Benedikt XVI. ursprünglich unter den Beklagten war. Als damaliger Kardinal Joseph Ratzinger war er Erzbischof von München und Freising, als ein Priester in sein Bistum versetzt wurde, der den Kläger im Verfahren Mitte der 1990er Jahre in Garching an der Alz sexuell missbraucht haben soll.
Das Verfahren gegen Ratzinger wurde aber abgetrennt, weil nach seinem Tod noch immer unklar ist, wer seine Rechtsnachfolge antritt und damit gewissermaßen auch das Verfahren erbt. Deshalb bleibt das Verfahren in diesem Zusammenhang ausgesetzt.
Der Kläger fordert in dem Zivilprozess mindestens 300.000 Euro Schmerzensgeld vom Erzbistum. Im Januar hatte er persönlich vor dem Gericht seine Erlebnisse geschildert. Der Kläger ist eines von zahlreichen Opfern des Priesters, dessen Fall der wohl bekannteste aus dem vor zwei Jahren vorgestellten Gutachten zu sexueller Gewalt im katholischen Erzbistum München und Freising ist.
Kläger-Anwalt kündigt weitere Schritte an
Der Anwalt des Klägers im Traunsteiner Verfahren kritisierte die Entscheidung des Oberlandesgerichts am Freitag. „Die Entscheidung des OLG München greift zu kurz und berücksichtigt nicht, dass ein deutscher Staatsangehöriger nach vatikanischem Recht gar keinen Zugang zu einem vatikanischen Nachlassgericht hat, um einen Nachlasspfleger bestellen zu lassen“, sagte Andreas Schulz der Deutschen Presse-Agentur. Das OLG habe „verkannt“, dass das Amtsgericht deshalb eine Notzuständigkeit in dem Fall habe.
Schulz kündigte deshalb eine Anhörungsrüge an - und für den Fall der Fälle eine Beschwerde am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
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