Diskriminierung aufgrund rassistischer Zuschreibungen ist in Deutschland relativ weit verbreitet. Laut einer aktuellen Studie erlebt gut die Hälfte aller Menschen, die sich ethnischen oder religiösen Minderheiten zugehörig fühlen, regelmäßig rassistische Diskriminierung. Wie die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung für die aktuelle Ausgabe des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors zeigen, war dies zuletzt bei 54 Prozent der Menschen, die im Fachjargon als „rassistisch markiert“ bezeichnet werden, der Fall.
61 Prozent der muslimischen Frauen gaben bei der Befragung zwischen August 2024 und Januar 2025 an, sich binnen eines Jahres mindestens einmal im Monat diskriminiert zu fühlen. Ähnlich hoch war der Anteil bei schwarzen Menschen: Laut Studie berichteten 62 Prozent der schwarzen Männer und 63 Prozent der schwarzen Frauen, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal pro Monat Alltagsdiskriminierung erfahren zu haben. In mehr als vier von fünf Fällen war ihrer Einschätzung zufolge die Hautfarbe der Grund für die Diskriminierung.
Zum Vergleich: 32 Prozent der Menschen, die nach eigener Einschätzung von ihrem Gegenüber nicht als Angehörige ethnischer Minderheiten wahrgenommen werden, erlebten binnen eines Jahres mindestens einmal pro Monat Diskriminierung – etwa wegen ihres Geschlechts, ihres Alters oder anderer Merkmale beziehungsweise Zuschreibungen.
In der Gruppe der Deutschen mit Migrationshintergrund wird die Wahrnehmung als „nicht deutsch“ als häufigste Diskriminierungsursache genannt. Einen Migrationshintergrund haben nach der Definition des Statistischen Bundesamtes alle Menschen, die bei der Geburt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hatten, sowie jene mit mindestens einem Elternteil, auf den dies zutrifft.
Laut Untersuchung sind 23 Prozent der deutschen Bevölkerung der Ansicht, ethnische und religiöse Minderheiten stellten zu viele Forderungen nach Gleichberechtigung. 22 Prozent der rund 9.500 Befragten im Alter zwischen 18 und 73 Jahren vertraten zudem die Meinung, diese Minderheiten hätten in den vergangenen Jahren wirtschaftlich mehr profitiert als ihnen zustehe.
Aus Sicht der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) ist der Zusammenhalt in der Gesellschaft im zurückliegenden Bundestagswahlkampf stark beschädigt worden. Der Bundesvorsitzende des Dachverbands, Gökay Sofuoglu, hatte diese Woche erklärt: „Für Menschen mit Migrationsgeschichte ist der dauerhaft negative Diskurs über Migration und Vielfalt, angetrieben von rechtsextremen Kräften, der größte Stresstest der jüngeren Geschichte.“
Was nicht überrascht: Wer von rassistischer Diskriminierung betroffen ist, hat tendenziell weniger Vertrauen in staatliche Institutionen. Laut dem Bericht, der den Titel „Verborgene Muster, sichtbare Folgen“ trägt, ist das Vertrauen in die Bundesregierung bei diesen Menschen seit 2022 um bis zu 20 Prozentpunkte gesunken, insbesondere bei Musliminnen und Muslimen sowie bei asiatischen Menschen.
Von den muslimischen Menschen, die angaben, keine Diskriminierung erlebt zu haben, gaben 87 Prozent an, sie vertrauten der Polizei. Unter denjenigen, die angaben, häufig Diskriminierung durch Polizeibeamte erfahren zu haben, lag der Wert demnach lediglich bei 19 Prozent.
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) hatte kürzlich herausgefunden, dass junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte insgesamt seltener politisch aktiv sind als Gleichaltrige ohne Zuwanderungsgeschichte. Eine Ursache dafür sind laut SVR Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen.
Der Nationale Diskriminierungs- und Rassismusmonitor wird vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (Dezim) erstellt und durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Die empirische Forschung des Monitors legt nach Auskunft des Autorenteams auch deshalb einen besonderen Fokus auf die Erfahrungen der von Rassismus Betroffenen, damit diese nicht als „persönliche Anekdoten“ banalisiert werden.
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