Kurz vor dem Landesparteitag der bayerischen Grünen wird in der Basis Kritik am Kurs der eigenen Partei laut. In einem Antrag heißt es, man frage sich „nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der Partei“, wofür „wir, die Grünen, überhaupt noch stehen“. Der von mehr als zwei Dutzend Mitgliedern unterstützte Antrag fordert die Mandatsträger der Partei auf allen politischen Ebenen dazu auf, sich „bei ihren Entscheidungen und Stellungnahmen klar am Grundsatzprogramm der Partei zu orientieren“.
Klare Grundsätze seien im Kurs der Grünen „immer weniger sichtbar“, heißt es weiter. Es drohe eine Abwärtsspirale. „Kompromissbereitschaft bis zur Selbstaufgabe und eine Verwässerung unserer Ziele bis zur Unkenntlichkeit können nicht der Weg sein.“ Um die Trendwende zu erreichen, müssten die Grundsätze der Partei wieder deutlich werden.
Aktuellen Umfragen zufolge liegen die Grünen in Bayern bei rund zehn Prozent - Trend abwärts. Auch im Bund müssen sich die Grünen seit längerer Zeit mit schlechten Umfragewerten herumschlagen. Bei den jüngsten Landtagswahlen folgten zahlreiche schmerzhafte Niederlagen.
Der Landesvorstand unterstützt den Antrag nicht, wie die Landesvorsitzende Eva Lettenbauer auf Nachfrage erklärte. Ob der Beschluss auf dem Parteitag am kommenden Wochenende in Würzburg dennoch eine Mehrheit bekommt, ist offen. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck wird in Würzburg per Videoübertragung als Redner erwartet, die beiden Kandidaten für den Bundesvorsitz Franziska Brantner und Felix Banaszak wollen persönlich vor Ort sein. Kürzlich hatten die amtierenden Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour erklärt, ihr Amt aufgeben zu wollen.
Eine Sprecherin der Grünen in Bayern betonte, dass das Grundsatzprogramm „nach wie vor maßgeblich für die politische Arbeit der Mandatsträger“ sei. „Es wäre aber politisch falsch, alle politischen Ebenen von der Gemeinderätin bis zum Europa-Abgeordneten auf die Einhaltung des Programms zu verpflichten.“ In der Zusammenarbeit mit anderen Parteien sei es wichtig, Raum für Diskussionen und Kompromisse zu lassen, „um in den Kommunen, den Ländern, Deutschland und Europa Dinge voranzubringen“.
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