Die Staatsanwaltschaft Verden wird die Ermittlungen gegen die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette bald abschließen. Mit einer Anklage wird spätestens Ende November gerechnet, wie das niedersächsische Justizministerium bestätigte.
Das Landgericht Verden muss dann entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird. Im Hintergrund laufen allerdings längst die Vorbereitungen für einen möglichen Prozess. Insbesondere ein Problem treibt die Behörden um: In der Stadt mit etwas mehr als 28.000 Einwohnern fehlt es an Räumlichkeiten. Schon seit Monaten läuft die Suche. Noch sei keine abschließende Lösung gefunden worden, sagte die Sprecherin des Ministeriums.
Die Ermittler gehen von einer großen Anzahl an Nebenklägern, Zeugen und Sachverständigen aus. „Man kann schon damit rechnen, dass man mehr Platz braucht als in einem normalen Verfahren und darauf bereitet sich das Landgericht, wenn denn dahin Anklage erhoben wird, vor“, sagte Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) dem NDR.
Außerdem müssen hohe Sicherheitsstandards eingehalten werden. Daniela Klette gehörte der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) an. 1998 erklärte sich die RAF, die mehr als 30 Menschen tötete, für aufgelöst. Die Taten in der Region hatten keinen terroristischen Hintergrund, wie die Ermittler betonen.
Schon seit vielen Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden gegen die 65-Jährige und ihre mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg. Sie werfen dem Trio versuchten Mord sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor. Die drei sollen zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein überfallen haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren.
Die Ermittler gehen nach eigenen Angaben von 13 Raubdelikten mit einem Schaden von mehr als 2,7 Millionen Euro aus. Gegen das Trio wird auch wegen versuchten Mordes ermittelt, weil bei Überfällen in Stuhr (Landkreis Diepholz) und Cremlingen (Landkreis Wolfenbüttel) geschossen wurde. Darüber hinaus wird den früheren RAF-Mitgliedern erpresserischer Menschenraub vorgeworfen.
Ende Februar dieses Jahres nahmen Ermittler Klette in Berlin-Kreuzberg fest, wo sie unter falschem Namen lebte. Sie sitzt seit ihrer Festnahme im Frauengefängnis in Vechta. Die Untersuchungshaft wurde bereits einmal verlängert. Klette bestreitet öffentlich, Mordversuche begangen zu haben, und spricht von staatlicher „Denunziation“ und „Medienhetze“.
Bei Durchsuchungen in ihrer Wohnung fanden Polizisten unter anderem eine Attrappe einer Handgranate, Waffen, Handfesseln, Sturmhauben, ein Kilogramm Gold, mehr als 240.000 Euro Bargeld, digitale Medien sowie Fotos. Die Ermittler beschlagnahmten kurz nach Klettes Festnahme auch einen Bauwagen in Berlin-Friedrichshain, wo Garweg unter dem Decknamen Martin gelebt haben soll.
Doch von dem 56-Jährigen und dem 70-jährigen Volker Staub fehlt weiter jede Spur. Für Tipps, die zur Ergreifung der Männer führen, sind laut Staatsanwaltschaft Belohnungen von bis zu 125.000 Euro ausgelobt. Hinweise können auch anonym gegeben werden. Das Landeskriminalamt warnt davor, die Gesuchten selbst anzusprechen, weil sie möglicherweise bewaffnet sind.
Gegen Klette, Staub und Garweg bestehen auch Haftbefehle wegen des Verdachts der Beteiligung an Terroranschlägen. Die oberste Anklagebehörde in Deutschland, die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, wirft Klette versuchten Mord in zwei Fällen sowie Mittäterschaft bei Sprengstoffexplosionen bei drei Anschlägen der RAF in der Zeit von Februar 1990 bis März 1993 vor. Die Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung Rote Armee Fraktion (RAF) an sich ist inzwischen verjährt.
Für die Ermittlungen zu den Terroranschlägen ist die Bundesanwaltschaft zuständig. Zu diesem Komplex wird eine weitere Anklage und damit auch ein weiterer Gerichtsprozess gegen Klette erwartet. Das Verfahren muss getrennt von der Anklage in Verden geführt werden.
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